Die Kabinettscheibe "Benedikt, sich kasteiend" gehört zu einer Folge von Einzelscheiben, die nach traditionell mit Dürer in Verbindung gebrachten Zeichnungen entstand und von der verschiedene Varianten von unterschiedlichen Familien gestiftet wurden.
Die Glasmalerei in Boston zeigt am Ufer im Vordergrund eine junge Frau, die Benedikt wohl zu unzüchtigen Gedanken anregte. Um diese zu bändigen und der Versuchung zu widerstehen, stürzte sich der Heilige selbstkasteiend in Dornen. Die Kleidung der Frau ist im Vergleich zur Vorlage abgeändert. Unten links in die Wappenaussparung integrierte der Glasmaler außerdem nicht das Wappen der Familie Tetzel, sondern das der Waldstromer.
Dass derartige Zeichnungen mehrmals als Vorlage für Glasscheiben dienten, konnte Hartmut Scholz am vorliegenden Motiv eindrücklich belegen. Ihm zufolge besaß ein Nürnberger Antiquar im 19. Jahhrundert gleich zwei Scheiben desselben Motivs (vgl. Scholz 2010, S. 263). Zusätzlich zur Kabinettscheibe mit dem Wappen der Familie Waldstromer belegt ein Auktionskatalog des Jahres 1832 eine Scheibe mit dem Wappen der Ketzel (vgl. Aukt.-Kat. J.A. Boerner, Nürnberg, 9. April 1832, S. 40, f).
Von den Glasmalereien selbst sind kaum welche erhalten: Bekannt sind - neben der in Boston verwahrten - eine ehemals in Gotha befindliche Scheibe mit der Szene "Romanus legt Benedikt das Mönchsgewand an", die seit 1945 als verschollen gilt (abgebildet in Scholz 2009, S. 203) sowie eine, die abbildet, wie der heilige Benedikt einen Mönch heilt, der vom Teufel beim Kirchbau getötet wurde (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, MM786).