Tattoo Artist Carlos Beitia stach das Motiv 2023 in Berlin für Bello. Vorbild für die Tätowierung waren zwei Druckgraphiken Dürers: der 1518 entstandene Holzschnitt "Maria als Königin der Engel (Maria von zwei Engeln gekrönt)" (vgl. Schoch/ Mende/ Scherbaum II, S. 446, Nr. 248) sowie der Kupferstich des Erasmus von Rotterdam von 1526 (vgl. Schoch/ Mende/ Scherbaum I, S. 243, Nr. 102). In der unteren Hälfte des Tattoos, das sich über den kompletten Oberkörper des Trägers erstreckt, wird die Darstellung des an einem Schreibpult in seine Arbeit vertieften Erasmus von einem gotischen Spitzbogen mit Fialen eingerahmt. Die Tafel hinter dem Gelehrte enthält, von der Vorlage abweichend, idealtypische Buchstaben, und verweist damit auf die Praxis der Schreibkunst. In einem anlässlich der Sonderausstellung "Dürer under your skin: Tattoo art" an das Albrecht-Dürer-Haus eingesendeten Statement betont der Tattoo Artist die persönliche Bedeutung der Kalligraphie als "uralte Kunst" für den Tattoo-Träger Bello (Carlos Beitia, Ausst.-Kat. Nürnberg 2024, S. 86). Dieses Leitthema wird oberhalb des Spitzbogens fortgesetzt: eine Schreibfeder, von einem Strahlenkranz umgeben, wird von zwei Engeln gekrönt, weitere Putten schweben darüber in den Wolken. Eben dieser Teil der Tätowierung ist dem Holzschnitt der "Maria als Königin der Engel" entnommen.
Hinsichtlich der technischen Umsetzung fällt auf, dass im unteren Bereich, der auf den Kupferstich Bezug nimmt, eher dunkle Flächen mit dicht gesetzten Linien dominieren. Nach oben hin werden die Schraffuren zunehmend loser, die einzelnen Striche deutlicher von einander getrennt. Die Putten und Wolken direkt unter den Schlüsselbeinen des Trägers sind schließlich deutlich reduzierter mit lediglich angedeuteten Schattenflächen ausgeführt und wirken beinahe skizzenhaft.