Michaels Kampf mit dem Drachen, 124983

Tattoo Artist Toma Tmina stach das Motiv 2023 in Berlin für Geralf Mann. Vorbild für die Tätowierung war in erster Linie Dürers um 1498 entstandener Holzschnitt "Michaels Kampf mit dem Drachen" (vgl. Schoch/ Mende/ Scherbaum II, S. 94, Nr. 122), den dieser als Teil der Apokalypse veröffentlichte. Das Tattoo gibt die zentrale Handlung der Szene wieder: der Erzengel Michael durchbohrt das Untier mit seiner Lanze, um ihn herum kämpfen weitere Engel mit geflügelten Ungeheuern. Tattoo Artist Tmina adaptierte Dürers Figurenlösung relativ frei. So entsprechen etwa Gestik und Oberkörper Michaels überwiegend dem Vorbild, er steht jedoch nicht auf dem Drachen, sondern fliegt offenbar hinter diesem. Auch handelt es sich bei dem besiegten Tier nicht um jenes des Holzschnitts. Die Lanzenspitze, die den Körper des Monsters durchdrungen hat und an dessen Rückseite wieder austritt, ist ebenfalls eine Ergänzung der Künstlerin. Ähnlich frei geht sie mit den zwei flankierenden Engeln um: während der rechte mit Pfeil und Bogen noch klar zu Dürers Version Bezug nimmt und sich von dieser hauptsächlich durch die seitenverkehrte Darstellung und die Ausrichtung des Pfeils auf den mittleren Drachen unterscheidet, stammt die linke Figur nicht aus dem Kontext der Apokalypse. Der in eine antikische Rüstung gekleidete Jüngling mit Schwert und Schild kämpft allerdings mit jenem Ungeheuer, dass bei Dürer von Michael persönlich bezwungen wird.
Dieser kreative Umgang mit der Vorlage, der einzelne Elemente entnommen werden und durch das Hinzufügen weiterer Bildkomponenten zu einer gänzlich neuen Darstellung kombiniert werden, ist in ähnlicher Weise auch für die technische Umsetzung zu beobachten. Das Tattoo versucht nicht das Linienbild des Holzschnitts zu reproduzieren. Es zeichnet sich durch eine gleichmäßige, aber variantenreiche Verwendung der Tätowierfarbe aus: wellenförmige Linien wie etwa im Gewand des Michael finden sich neben dünnen, geraden Strichen der Federn sowie den dicken Binnenkonturen der geschuppten Drachenschwänze. Zudem wurde gezielt mit schattierenden Halbtönen gearbeitet.