Die Zeichnung wurde 1906 von Woldemar von Seidlitz als originale Vorzeichnung für "Dürers Selbstbildnis", einem Detail der Mitteltafel des von Jakob Heller für die Dominikanerkirche in Frankfurt am Main in Auftrag gegebenen Triptychons, in die Dürer-Forschung eingeführt (vgl. Seidlitz 1906, S. 193). Das gemalte Kernstück des Altars, eine "Himmelfahrt und Krönung Mariens", ist inklusive des selbstbewusst positionierten Selbstbildnisses heute nur noch durch eine im Historischen Museum in Frankfurt erhaltene Kopie Jobst Harrichs (Frankfurt am Main, Historisches Museum, Inv.-Nr. B0265) und zahlreiche Detailstudien Dürers überliefert. Nachdem das originale Tafelgemälde 1614 an Herzog Maximilian von Bayern veräußert wurde, verbrannte es 1729 in der Münchner Residenz.
Seidlitz beschrieb die in Russland aufbewahrte Zeichnung - im Vergleich zu einer seit 1877 im Berliner Kupferstichkabinett befindlichen (vgl. Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 15) - als "bisher nicht beachtet[es]" Original. Diese Forschungsmeinung unterstützten im Anschluss zahlreiche seiner Fachkolleg:innen, obwohl man wiederholt betonte, die in Russland aufbewahrte Zeichnung nicht bzw. nur anhand von Fotografien begutachtet zu haben (z.B. Winkler II, S. 131, Nr. 465; Tietzes 1937 II, S. 45, Nr. 371). Im Auktionskatalog des Leipziger Auktionshauses C.G. Boerner, in dem die Zeichnung im Mai 1932 versteigert werden sollte, wird auf den schlechten Erhaltungszustand hingewiesen (vgl. Aukt.-Kat. C.G. Boerner, Leipzig, 04. Mai 1932, S. 22, Nr. 137).
Heute ist die Zuschreibung an Dürer nicht mehr einhellig und die Auffassung wird vertreten, dass das Selbstbildnis ausschließlich in Kopien überliefert ist (vgl. Metzger 2019a S. 304, Anm. 21).
S. 6, Nr. 748
S. 45, Nr. 371
S. 304, Anm. 21