Einfassungslinien
Dürer entwarf den Holzschnitt "Zeichner der Kanne" wohl als Illustration für eine zweite Auflage seines erstmals 1525 erschienenen geometrischen Hauptwerks "Vnderweysung der Messung mit dem Zirckel vnd Richtscheyt". Seine Witwe Agnes Dürer verwirklichte diese zehn Jahre nach seinem Tod unter Berücksichtigung der Notizen, die er ab dem Erscheinen der Erstauflage in sein Handexemplar notiert hatte (vgl. München, Bayerische Staatsbibliothek, Sign. 2 L.impr.membr. 64).
Im Holzschnitt gewährt Dürer im Querformat Einblick in das Atelier eines Künstlers, der gerade eine Kanne zeichnet. Zwischen ihm und dem Objekt steht senkrecht eine Glastafel, auf die er mit Hilfe eines Visierstabs, der mit Faden an der Wand hinter ihm befestigt ist, einzelne Punkte seines Sehstrahls setzt. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung des Zeichenapparats, den er in "Zeichner eines sitzenden Mannes" vor Augen geführt hatte (vgl. hierzu Schoch/ Mende/ Scherbaum III, S. 275). Den Zeichner einer Kanne hielt Dürer bereits zuvor in Skizzen fest (im sogenannten Skizzenbuch, vgl. Dresden, SLUB, Mscr.Dresd.R.147.f, 177v-179r; in Dürers Handexemplar der 1525 erschienenen Unterweisung der Messung, vom Künstler eigenhändig annotiert, vgl. München, Bayerischen Staatsbibliothek,Sign. 2 L.impr.membr. 64).