Der Künstler kopierte detailgetreu einen 1596 datierten Kupferstich von Hendrik Goltzius (TIB III Kommentar.0301.041, Exemplar im British Museum, Inv.-Nr. 1858,0417.1313). Die trauernde Maria hält den Leichnam des vom Kreuz abgenommenen Christus auf dem Schoß. Die Dornenkrone ist zu Boden gefallen und erinnert zusammen mit dem Kreuz rechts im Hintergrund an das Martyrium des Gottessohns. Joseph Heller führte Goltzius‘ Werk unter den Blättern "im Geschmacke Dürers" auf und wies auf Abzüge mit dem Dürer-Monogramm hin (vgl. Heller Dürer 1827 II, S. 923, Nr. 5). Vermutlich verwechselte Heller jedoch die täuschend echte, im Format mit dem Vorbild übereinstimmende Kopie, von der sich Abdrucke ohne jegliche Inschrift und solche mit Dürers Zeichen erhalten haben. Von der Vorlage lässt sie sich neben dem Fehlen von Goltzius‘ Monogramm durch ein Merkmal unterscheiden: über die Steinplatte unten in der Bildmitte ragen an der rechten Ecke bei Goltzius zwei Grashalme, in der Kopie sind es drei.
Das Bildmotiv der trauernden Maria mit dem Leichnam des Sohnes auf ihrem Schoß findet keine direkte Entsprechung bei Dürer, wenngleich die Gestalt des toten Christus an den Holzschnitt "Die Heilige Dreifaltigkeit" erinnert und der im Hintergrund umrissene Kreuzeshügel Golgatha in ähnlicher Weise auf dem Titelblatt der Kupferstichpassion begegnet (vgl. Strauss Goltzius 1977 II, S. 608).
S. 608, Nr. 331A
0301.041 C1
S. 74, Nr. 31a