Engelgesang.
Wo auf Erden Ketten lohnen,
Bringen Engel Him[m]elskronen.
Auf den Flügeln von Gebeten,
Werden Seelen hoch getragen:
Wo der Andacht Seufzer wehten,
Da verstummen Erdenklagen:
Ob in Ketten, oder Banden;
Ob im Leben, oder Sterben:
Welche sind in Gott vorhanden,
Können Menschen nicht verderben.
Angelockt von Him[m]elstönen,
Unterirdisch schwerer Decke,
Zieht heraus die kleine Schnecke
Künft'ger Heimath ew'ges Sehnen.
Stärke dich des Him[m]els Glaube,
Kleine Pilgerin im Staube!
Komm, mit trunknem Ohr, zuhören
Den Gesang der höhern Sphären!
Gestochen nach A. Dürer von A. Gläser.
die Schrift von Ernst Luther.
Zöglingen der Freunde in der Noth
zu Weimar. 1825.
Johannes Falk.
als Vorsteher.
Einfassungslinien
Andreas Gläser reproduzierte eine Seite mit Randzeichnungen Dürers für das Gebetbuch Kaiser Maximilians I. (vgl. München, Bayerische Staatsbibliothek, 2 L.impr.membr. 64, fol. 51) als Einfassung für Verse von Ernst Luther. Ornamentale und vegetabile Formen ergänzen eine Darstellung Marias im Ährenkleid rechts, die von einem Engel gekrönt wird. Unten links musiziert ein Putto mit einer Laute, einen Fuß auf dem Gehäuse einer Schnecke abgestützt, die auch in den gedichteten Reimen eine Rolle spielt. Die Kopie der Federzeichnung Dürers fand Verwendung als Erinnerungsblatt für die "Zöglinge der Freunde in der Noth zu Weimar", eine von Johannes Daniel Falk gegründete Gesellschaft zur Unterstützung von Waisenkindern. In diesem Kontext schufen Gläser und Luther zusammen eine Reihe vergleichbarer Drucke, die weitere Vorlagen Düreres reproduzieren und mit Versen kombinieren wie etwa ein Blatt nach "Der Reiter (Ritter, Tod und Teufel)".