Sinnbildlich spiegelt das Gemälde der Beweinung Christi den Schmerz der Hinterbliebenen wider. Die Tafel diente als Epitaph und Familienmonument der Nürnberger Patrizierfamilie Holzschuher. Die Stifter*innen knien unterhalb der eigentlichen Beweinungsszene: links Karl III. Holzschuher mit neun Söhnen und rechts seine Frau Getraut Holzschuher mit drei Töchtern. Die ursprünglichen Wappen wurden getilgt und mit Fantasiewappen übermalt (vgl. Heller 1827 I, S. 245; Best.-Kat. München 1998, S. 290).
Zuschreibung, Datierung und der ursprüngliche Standort des Bildes werden bis heute diskutiert. Das abgebildete Allianzwappen Hieronymus Holzschuhers (Heirat 1498) setzt ein frühestes Entstehungsdatum (vgl. Fritschka 2009, S. 261). Der Tod Gertrauts und des Sohns Karl IV. als möglicher Stiftungsanlass legt das Entstehungsjahr 1499 nahe. Zahlreiche stilistische und kompositorische Vergleiche mit dem motivisch verwandten Holzschnitt der "Beweinung Christi" der "Großen Passion" und der "Glimmschen Beweinung" (München, Alte Pinakothek, Inv. 704) sprechen für eine Datierung um 1499/ 1500 (vgl. ausführlich Best.-Kat. Nürnberg 1997, S. 195-196; Ausst.-Kat. 2012, S. 416).
Auch die Zuschreibung ist umstritten und steht und fällt mit der Datierung der Tafel. Gerade jüngere Beiträge schreiben das Gemälde Dürer allein zu (vgl. u.a. Ausst. Kat. Nürnberg 2004, S. 98; Fritschka 2009, S. 264; Ausst.-Kat. Nürnberg 2012, S. 420), andere argumentieren für die Beteiligung seiner Werkstatt (vgl. u.a. Firmenich-Richartz 1916, S. 483; Tietzes 1928 I, S. 92; Châtelet 1975, S. 56). Dass Dürer nach aktuellem Forschungsstand vor 1503 keine Angestellten hatte, die er mit künstlerischen Aufgaben betraute, legt die eigenständige Ausführung des Künstlers nahe (vgl. Fritschka 2009, S. 261).
Als frühester Aufstellungsort der Tafel ist die Holzschuher-Kapelle auf dem St. Johannis-Friedhof in Nürnberg bezeugt, die jedoch erst 1508-1511 erbaut wurde. So war die Tafel wohl ursprünglich für die St. Sebald Kirche in Nürnberg bestimmt, wo sie nach 1580 angebracht wurde (vgl. Ausst.-Kat. Nürnberg 2012, S. 416). Eine um 1620 im Zuge des Verkaufs der Tafel angefertigte Kopie am südwestlichen Vierungspfeiler gibt Aufschluss über den möglichen ursprünglichen Standort (vgl. Fritschka 2009).
Eine weitere Kopie der Tafel aus einer süddeutschen Privatsammlung wurde 2020 versteigert (vgl. Aukt.-Kat. Neumeister, München, 03. Dezember 2020, S. 49). Es existiert zudem eine undatierte, nicht sicher zugeschriebene Entwurfszeichnung zu einem Altarbild mit der Beweinung Christi (München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv. 37933), die mit der Holzschuherschen Beweinung in Verbindung gebracht wird. Eine vereinfachte Miniaturkopie findet sich im Holzschuherschen Familienbuch im Germanischen Nationalmuseum (Inv. Hs 28884). Zudem wurde auf die Ähnlichkeit der Brückenarchitektur mit der von Dürers "Herkules und die Stymphalischen Vögel" aus der Bayerischen Staatsgemäldesammlung in München hingewiesen (vgl. Tietzes 1928 I, S. 92; Musper 1965, S. 70).
S. 100, Nr. 9
S. 483
S. 289
S. 49