Einfassungslinien
Der Künstler kopierte den ehemals Dürer zugeschriebenen Holzschnitt "Das Liebespaar unter dem Baum" als Lithographie. Auch er zeigt ein Paar, das sich im Dunkel an einem Baum zum Stelldichein getroffen hat. In eine tiefe Umarmung versunken, bemerken die beiden den Mann zunächst nicht, der zu ihnen getreten ist.
Der als Vorlage dienende Holzschnitt war bereits im 19. Jahrhundert für Sammler kaum noch käuflich zu erwerben. Der Sammler und Kunstschriftsteller Ralf von Retberg nahm den Holzschnitt in sein Dürer-Verzeichnis von 1871 unter der Rubrik "Die nicht beglaubigten Blätter" auf und urteilte: "Dergleichen Darstellungen sind eher dem Hans Sebald Beham als einem Dürer zuzutrauen. — Aeuszerst selten." Retberg zufolge erschien das Blatt in späterem Drucke mit Text (Retberg 1871, S. 114).
Retberg machte es sich zur Aufgabe seltene graphische Blätter Dürers zu reproduzieren, um sie für Liebhaber und Forschende zugänglich zu machen. Seine Lithographien druckte er dann limitiert, nummeriert und, wie handschriftliche Inschriften auf einigen Rückseiten der Reproduktionen belegen, oftmals mit Widmung. Dabei vermerkte er manchmal sogar das zugrundeliegende Exemplar des Originals. In diesem Fall diente ein Abzug aus der Sammlung Heinrich Cornill d'Orvillles als Vorlage (vgl. Aukt.-Kat. H.G. Gutekunst, Stuttgart, 14. und 15. Mai 1900, S. 18, Nr. 211).