Sant Johans Kirche
Die Aquarellzeichnung, von Dürer selbst oben mittig als „Sant Johans Kirche" bezeichnet, wird stilistisch mit der „Drahtziehmühle“ in Verbindung gebracht. Als "Ansicht der Johannes-Kapelle zu Nürnberg" führte der Bamberger Sammler Joseph Heller sie in seiner ab 1827 erschienenen Monographie in die Dürer-Forschung ein (vgl. S. 128, Nr. 46). Die Datierung wurde seit jeher diskutiert. Während manche Forschende sie eher vor den Wanderjahren verorteten (z.B. Tietzes 1928 I, S. 3, Nr. 11), ordneten andere sie nach Dürers Rückkehr 1494 ein (Strauss 1974 I, S. 200, 1494/4).
Über den Hamburger Kunsthändler Ernst Georg Harzen gelangte das Blatt aus der Sammlung des Wieners Joseph Grünling in die des Bremer Senators Hieronymus Klugkist. Der Mitbegründer des Bremer Kunstvereins vererbte diesem seine Kunstsammlung, sodass sie später in den Bestand der dortigen Kunsthalle überging. Bis zum Zweiten Weltkrieg befand sich darunter auch das Aquarell der Ortsansicht, ist jedoch seit der Kriegsauslagerung verschollen.
Dank verschiedener Kampagnen, die das Ziel hatten, Unikales einem kennerschaftlichen Publikum zugänglich zu machen, ist das Erscheinungsbild heute sogar in Farbe überliefert. So war eine Reproduktion der Zeichnung 1919 Teil der „Drucke der Marées-Gesellschaft 17“. Die mit Text von Emil Waldmann unter dem Titel „Die Landschaften der Jugend“ erschienenen Reproduktionen wurden auch in limitierter englischer und französischer Ausgabe herausgegeben (vgl. Bibliothek der Albrecht-Dürer-Haus-Stiftung e.V., Inv.-Nr. 1983/031). Die Reproduktion gibt den Kriegsverlust samt Dürers handschriftlicher Bezeichnung, von fremder Hand nachträglich aufgesetztem Künstler-Monogramm und Sammlerstempel des Wieners Joseph Grünling wieder.
S. 2, Nr. 104