Im 1525 jor nach dem pfinxstag zwischen dem pfm mitwoch vnd pfintzdag In der nacht Im schlaff hab Ich
dis gesicht gesehen wii fill grosser wassern van himell fillen vnd das erst traff das erthrich ungefer 4 meill fan
mir mit einer sölchen grausamkeitt mit einem vber grossem raüsch[e]n vnd zersprüz[e]n vnd ertrenckett
das gantz lant In solchem erschrack Ich so gar schwerlich das Ich doran erwachett edan dy andern wasser fil[e]n
vnd dy wasser dii do fil[e]n dii war[e]n fast gros vnd der fill ettliche weit etliche neher vnd sy kamen so hoch herab das sii
Im geduncken gleich langsam fil[e]n aber do das erst wasser das das ertrich traff schir herbeii kam do fill es mit einer
solchen geschwindikeit wynt vnd braüsen das Ich also erschrack do Ich erwacht das mir all mein leichnam
zitrett vnd lang nit recht zu mir selbs kam Aber do Ich am morg[e]n auff stund molet Ich hy oben wii Ichs
gesehen hett Got wende alle ding zu[m] besten.
Albrecht Dürer
Das sogenannte "Traumgesicht" ist heute Teil eines Klebebandes (zur Kontextualisierung vgl. "Edmund de Waal - During the Night", Aufruf: 28.01.2025), der in die Kalbslederbindung eingeprägt den goldenen Schriftzug "KVNSTBVCH Albrecht durers von Nürmberg" trägt (Kunstbuch Albrecht Dürers, KHM, Kunstkammer, 5127). Er enthält 230 Kunstblätter, zusammengesetzt aus 82 Tiefdrucken und 134 Holzschnitten Dürers, exkl. einer Kopie, sowie 13 Zeichnungen, von denen wiederum acht von Dürer selbst stammen, darunter das "Traumgesicht". Das Kunstbuch ist damit eine der ältesten monographischen Graphiksammlungen überhaupt (vgl. Ausst.-Kat. Nürnberg 2017a, S. 191, Kat.-Nr. 114).
Dürers Traum findet sich auf einem Blatt, dessen obere Hälfte in eine Bild- und eine Textzone unterteilt ist. Im oberen Bereich zeichnete Dürer eine auf den ersten Blick ruhige, in zarten Tönen gestaltete Landschaft, auf die allerdings bedrohlich Wassermassen niederstürzen. Die Zeichnung erklärt der Künstler selbst durch den unterhalb notierten Text. Er beschreibt in Bild und Text einen Albtraum, der ihn im Juni 1525 nächtens heimgesucht hatte.
Nachdem Joseph Heller das Blatt 1827 in seine Dürer-Monographie aufgenommen hatte (vgl. Heller Dürer 1827 I, S. 45, 98), sorgten seine niedergeschriebenen Äußerungen wiederholt für Diskussionsstoff. Der Bamberger Sammler äußerte, dass die Zeichnung als eine von dreien Anfang der 1820er Jahre vom Innsbrucker Rentmeister Augustin Anton Pfaundler der Wiener Sammlung (zurück-)gegeben wurde (u.a. Heller Dürer 1827 I, S. 97). Die Zeichnungen "Gänsemännchen", "Traumgesicht" sowie "Venus und Cupido, der Honigdieb" müssten demzufolge aus dem bestehenden Kunstbuch entfernt und später wieder integriert worden sein (vgl. hierzu Ausst.-Kat. Wien 1994, S. 92).
Heller selbst besaß eine Kopie des "Traumgesichts", die Pfaundler 1821 eigenhändig für ihn angefertigt hat. Der zugehörige Briefverkehr ist - ebenso wie die Kopie (vgl. Sign. I A 13b) - in der Staatsbibliothek Bamberg erhalten.
S. 247
Nr. 947
S. 135, Nr. 1410
S. 2280, 1525/4
S. 191, Kat.-Nr. 114