Im 1525. Jor nach dem Pfingstag zwischen dem Pfin Mitwoch und Pfintztag in der
Nacht im schlaff hab ich dis gesicht gesehen wii fill grossen Wasser vom himell fillen
und das erst traff das ertreich Ungefer 4 Meill fon Mir mit einer solchen grau=
samkeitt mit einem Uber grossen räuschen und zersprützen und ertrenkett
das gantz lant in solchen erschrack Ich so gar schwerlich das ich darvon erwachett
edan dy andern Wasser filn und dy Wasser die da filn dy waren fast gros
und der fill ettliche weit ettliche neher und sy kamen so hoch herab das sy Im
gedancken gleich langsam filn. aber do das erst Wasser, das das ertrich
traff schir herbeii kam da fill es mit einer solchen geschwinigckeit Wnt
und bräuschen das Ich also erschrack do Ich erwacht das mir all mein
leichnam zitrett und lang nit recht zu mir selbs kamen Aber do Ich
am Morgen aufstund molet Ich sy eben wy Ichs gesehen hett Got
wende alle ding zu[m] besten
Albrecht Dürer
Am 12. März 1821 meldete sich der Bamberger Sammler Joseph Heller bei dem Innsbrucker Rentmeister Augustin Anton Pfaundler (vgl. JH.Comm.lit.4(1818/21, S. 260). Er berichtete ihm von seinem Interesse an Person und Werk Dürers und bat um einen Nachstich des gemeinhin als "Traumgesicht" bekannten Aquarells, wenn möglich sogar um den Verkauf des Blattes, das der Empfänger des Briefes seinerzeit in seiner Privatsammlung hütete (heute Wien, Kunstbuch Albrecht Dürers, Kunsthistorisches Museum, Kunstkammer, Inv.-Nr. 5127). Zwar antwortete Pfaundler, dass er das Original nicht verkaufen könne, da es bereits seine "künftige Bestimmung" gefunden habe (vgl. Brief von Augustin Anton Pfaundler an Joseph Heller, dat. 17.04.1821, Staatsbibliothek Bamberg, Sign. JH.Comm.lit.5), doch legte er dem Brief eine eigenhändig angefertigte Kopie bei.
Gleich der Vorlage zeigt diese eine auf den ersten Blick ruhige, in zarten Tönen gestaltete Landschaft, auf die scheinbar plötzlich Wassermassen niederstürzen. Auch Dürers handschriftlich unter die Darstellung gesetzte Beschreibung des Albtraums, der ihn im Juni 1525 heimgesucht hatte, wurde übernommen.
Der künstlerisch tätige Pfaundler kommentierte die Kopie in seinem Brief folgendermaßen: "Ich gab mir Mühe, selbe dem Original im Kolorite ganz gleich zu [...] fertigen, doch nicht in der gleichen Größe mit dem Original.". Unter der Rubrik "Nach Dürers Gemälden und Zeichnungen gefertigte Blätter" nahm Heller das Blatt anschließend in seine ab 1827 erschienene Dürer-Publikation auf (vgl. Heller Dürer 1827 II, S. 891, Nr. 2448).
Bis in jüngere Zeit fand die Bamberger Kopie wiederholt Erwähnung in der Dürer-Literatur (z.B. Winkler IV, S. 104, unter Nr. 944; Strauss 1974 IV, S. 2280, 1525/4), ihre Entstehungsgeschichte und Provenienz wurde dabei allerdings zuweilen missinterpretiert (vgl. Ausst.-Kat. Nürnberg 2017a, S. 191, Kat.-Nr. 114). Dies resultierte daraus, dass man annahm, Dürers Zeichnung sei ununterbrochen in das sogenannte Kunstbuch Albrecht Dürers eingebunden gewesen.
unter S. 2280, 1525/4
S. 191, Kat.-Nr. 114