Albrecht Dürer porträtiert hier seine Mutter Barbara Dürer im Alter von 38 Jahren, wohl während ihrer 17. Schwangerschaft mit Sohn Hans an, der am 21. Februar 1490 zur Welt kam (vgl. Familienchronik Albrecht Dürers in einer Abschrift, SLUB, Mscr. P 15, 16r; Best.-Kat. Nürnberg 2019 I, 1, S. 576). Andächtig in das Rosenkranzgebet versunken, richtet sie ihren Blick in die Ferne. Diese Darstellung ähnelt dem Florentiner Porträt ihres Ehemannes Albrecht (Florenz, Galleria degli Uffizi, Inv.-Nr. 1086), mit dem die Nürnberger Tafel ursprünglich ein klappbares Diptychon bildete. Wohl um 1588 getrennt (Best.-Kat. Nürnberg 2019 I, 1, S. 577), wurde Barbaras Porträt Rudolf II. zum Kauf angeboten, jedoch im Gegensatz zum Vaterbildnis zurückgeschickt (vgl. Flechsig I, S. 337). Auch Maximilian I. von Bayern lehnte 1630 ein Kaufangebot ab (vgl. Hess 2019, S. 146). Hans Hieronymus Imhoff hielt daher 1633/34 in seinem Geheimbüchlein fest: „Albrecht Dürers Mutter, auf holtz von Ölfarben, wollens ihrer viel nicht für des Dürers Arbeit halten“ (vgl. Budde 1996, S. 164). Die Tafel galt seit 1633 als verschollen und Dürers Urheberschaft wurde aufgrund der bemängelten Qualität der Ausführung im Vergleich zum Vaterbildnis in der Forschung bis ins späte 20. Jh. angezweifelt (vgl. Strieder 1981, S. 12; Strieder 1993, S. 105). Obwohl das Germanische Nationalmuseum die Tafel bereits 1927 ankaufte, wurde sie erstmals 1979 von Brand Phillip/ Anzelewsky anhand der rückseitigen Imhoff-Inventarnummer als Dürers Mutterbildnis und als Teil des Bildnisdiptychons identifiziert (Brand/Anzelwesky 1979), was durch kunsttechnologische Untersuchungen bestätigt werden konnte (Bartl 1999; Hirschfelder 2012, S. 105).
Rätsel gibt die in dunklen Tönen gestaltete Darstellung der Fels- und Wolkenformation auf der Versoseite der Tafel auf. Anzelewsky beschreibt einen in eine Felsspalte fliehenden Teufel, der hinter sich einen gewaltigen Höllenwind entfacht und spricht der Darstellung eine apotropäische Bedeutung zu (Anzelewsky 1991 I, S. 119). Hirschfelder/ Mack sprechen von einem Drachen, der im Kontext einer dargestellten Höllen- oder Fegefeuerszene als Teufel zu deuten sei. In Anlehnung an Schmidt (vgl. Schmidt 2018, S. 119) sehen sie die Darstellung in Verbindung mit der Rectoseite als Aufforderung zum Gebet und Bitte um Erlass der Sünden für das innenseitig gezeigte Paar.
Dürer hielt seine Mutter und die Details ihres Lebens neben diesem Porträt noch weitere Male in Bild und Text fest, etwa in der sogenannten (nur noch in Abschriften überlieferten) Familienchronik, dem Gedenkbuch im Berliner Kupferstichkabinett (Inv.-Nr. Cim 32, fol. 19) oder in der eindringlichen Kohlezeichnung Barbaras im Alter von 63 Jahren (Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 22).
S. 50
S. 84
S. 59
S. 54, Nr. 82
S. 12, Kat.-Nr. 9
S. 105
S. 79
S. 271, Kat.-Nr. 7
S. 174, Kat.-Nr. 10
S. 570, Kat.-Nr. 42