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Eindringlich blicken uns die Gottesmutter und Christuskind in Dürers Gemälde entgegen. Die Umrisse des Fensters und das hereinfallende Licht spiegeln sich leuchtend in den Augen der Dargestellten. Marias Kopf umfängt ein Nimbus aus Strahlen, das Jesuskind wird von einem Kreuznimbus aus blattartigen Ornamenten geschmückt. Maria hält eine rote Nelke in ihren Händen, die sich dem Christuskind zuneigt, das eine Birne in seinen Händen hält – beides symbolische Anspielungen auf die bevorstehende Passion und den Kreuzestod sowie die Erlösung der Menschheit durch Christus (vgl. Anzelwesky 1991 I, S. 246; Best.-Kat. Dürer München 1998, S. 436).
Dürer präsentiert hier keine innige Mutter-Kind-Beziehung. Im Zusammenspiel mit dem überschneidenden Bildausschnitt wirken Mutter und Kind auf dem beengten Bildraum monumental und streng, was den ikonenhaften Charakter der Darstellung unterstreicht.
Zudem verweist u.a. Justi auf Dürers idealtypische, schematische Konzeption des Marien-Antlitzes nach Vitruvs Proportionslehre (siehe hierzu Justi 1902; Best.-Kat. Dürer München 1998, S. 436).
Von dem Gemälde haben sich verschiedene Kopien erhalten, darunter eine seitenverkehrte Ausführung in Warschau (Warschau, Nationalmuseum, Inv.-Nr. M.Ob.1773 MNW). Thausing berichtet zudem von einer Kopie in Wien "in Oel auf Holz", die sich "früher bei Koller, jetzt bei Dr. Posonyi" befand (vgl. Thausing 1884, S. 57, Anm. 1). Kopien von weiteren unbekannten Malern befinden sich in der Zisterzienserabtei in Westmalle (Belgien) und in Augsburger Privatbesitz (vgl. Best.-Kat. Dürer München 1998, S. 437).
S. 118, Nr. 659
S. 70
S. 431, Nr. 11
S. 139