1500
In einfache braune Kleidung gekleidet und vor einem schlichten schwarzen Hintergrund platziert, blickt der Porträtierte im Dreiviertelprofil zielgerichtet und entschlossen in die Ferne. Auffallend sind seine markanten Gesichtszüge samt der hervortretenden Kinnpartie und Wangenknochen.
Das Gemälde lässt sich schon 1616 im Nachlassinventar des Nürnberger Patriziers Paulus II. Praun nachweisen (vgl. Achilles-Syndram 1994, S. 113). Bis heute ungeklärt bleibt hingegen die Identität des Porträtierten. Lange wurde Dürers Bruder Hans als Dargestellter vermutet. Dies geht auf die später hinzugefügte, rückseitigen Aufschrift sowie auf historische Bezeichnungen des Bildes, wie Murrs Eintrag als „Johann Durer, sein Bruder“ (vgl. Murr 1788, S. 470, Nr. 89), zurück. Dürer hatte jedoch drei Brüder namens Hans. Die beiden älteren verstarben früh; der jüngste wurde 1490 geboren und war demnach zum Entstehungszeitpunkt des Gemäldes erst 10 Jahre alt. Aufgrund dieser Unstimmigkeiten wird die Identifizierung heute nicht mehr vertreten.
Auch die Zuschreibung des Bildes an Dürer wurde besonders seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer wieder angezweifelt (vgl. u.a. Anzelewsky 1991, S. 33; Grimm 2002, S. 35; Wolf 2010, S. 278; zusammenfassend: Best.-Kat. Dürer München 1998, S. 361). Dies beruht auf vermeintlichen stilistischen Unstimmigkeiten, etwa dem ungewöhnlichen Bildausschnitt und der in der oberen linken Bildecke platzierten Jahreszahl. Gerade im direkten Vergleich mit dem zeitgleich entstandenen, als Meisterwerk betonten "Selbstbildnis von 1500" (München, Alte Pinakothek, Inv.-Nr. 537), sehen Forschende diese These bestätigt. Die Münchener Forscher*innen zweifeln hingegen nicht an der Zuschreibung (vgl. Best.-Kat. Dürer 1998, S. 362; Best.-Kat. München 2006, S. 138).
Nach dem Ankauf durch Ludwig I. von Bayern wurde das Gemälde zweifach reproduziert. Zum einen fertigte Strixner 1819 eine Kreidelithografie des "Iohann Dürer" in Originalgröße an. Zum anderen wurde im frühen 19. Jahrhundert nach Vorbild des Gemäldes ein heute zerstörtes Stuckmedaillon mit einem Profilbildnis in der Dürer-Loggia in der Alten Pinakothek angebracht (vgl. Best.-Kat. Dürer München 1998, S. 363, Abb. 7.7).
S. 33
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S. 278, FW7