Im sechsten Jahre 1514 d. 17ten Mai zwey Stunden vor Nacht ist meine fromme Mutter Barbara Dürerin verschieden. Sie hat mir auch zuvor ihren Segen geben und den göttlichen Frieden gewünscht, mit viel schöner Lehre, auf, daß ich mich vor Sünde sollt' hüten. Ich betet ihr vor, davon habe ich solche Schmerzen gehabt, daß ich's nicht aussprechen kann.
gemalte Rahmung
Für die Säkularfeier zu Dürers Todestag 1828 entstand in München die gemeinsame Idee einer Gruppe von Schülern des Peter von Cornelius, eine Folge von sieben Transparenten mit Szenen aus Dürers Leben für den großen Rathaussaal in Nürnberg zu entwerfen. Die Transparentgemälde sind nicht erhalten, Vorarbeiten der beteiligten Künstler sowie Kopien nach den Werken geben Aufschluss über Projekt und Einzeldarstellungen.
Ernst Förster gestaltete die sechste Episode des Zyklus, Dürer am Sterbebett seiner Mutter Barbara vorstellend. Mit der rechten Hand machte die Todkranke eine segnende Geste in Richtung ihres Sohnes, der auf einem Hocker an das Bett herangerückt war und betete. Hinter der horizontal ausgerichteten Ruhestätte standen Agnes mit einer Arznei in der Hand sowie eine Magd, sich ein Tuch vor den Mund haltend. Eine Ansammlung von Arbeitsutensilien des Malers füllte den Raum im Hintergrund. Auf einer Fensterbank stand zudem ein Krug, der jenes Gefäß nachbildete, das den Münchner Malern während der Arbeit an den Transparenten täglich mit Wein gefüllt und als "Dürer's Hauskrug" gereicht wurde (vgl. Förster 1860, S. 69). Er galt als von Augustin Hirschvogel gefertigt und ehemals im Besitz Willibald Pirckheimers befindlich. Campe stiftete ihn 1836 nach Hohenschwangau (vgl. Campe 1840, S. 136).
Neben der Beschreibung eines Augenzeugens im Kunstblatt (vgl. Morgenblatt für gebildete Stände/ Kunstblatt 9 (1828), Nr. 35, S. 138) und späteren Kopien geben auch zwei vorbereitende Bleistiftzeichnungen Förster Auskunft über die Gestaltung des Transparents (Lawrence, Kan., Helen Foresman Spencer Museum of Art, Inv.-Nr. 1976.0037; sowie Prag, Nationalgalerie, Inv.-Nr. K 38113, vgl. hierzu Ausst.-Kat. Prag 2006, S. 216, Kat.-Nr. III./9). Als direkte theoretische Vorlage für die Szene dienten Friedrich Campes "Reliquien Albrecht Dürers" (vgl. Campe 1828, S. 148). Auszüge daraus wurden für einige der anderen Transparente wortwörtlich als Inschriften verwendet. Auch unter dem Totenbett der Mutter erläuterte ein kurzer Text die Darstellung, die entsprechende Stelle aus den "Reliquien" allerdings nur paraphrasierend wiedergebend. Dem Abschnitt bei Campe zum Tod Barbara Dürers zu Grunde liegt das heute in Berlin verwahrte Fragment des sogenannten Gedenkbuch Dürers (vgl. Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. Cim 32, fol. 19), das bereits 1791 von Johann Ferdinand Roth veröffentlicht worden war (vgl. Roth 1791, S. 121).
Ebenso wie die anderen sechs Szenen war die Totenszene eingebettet in einen gotischen Spitzbogen mit Maßwerk, der oben in Drei- und Vierpassfeldern Platz für drei Porträts ließ – hier die Humanisten Joachim Camerarius, Christoph Scheurl und einen "Rath Varepfeiler" vorstellend (vgl. Morgenblatt für gebildete Stände/ Kunstblatt 9 (1828), Nr. 35, S. 138), der wohl als Ulrich Varnbüler zu identifizieren ist (vgl. Mende 1969, S. 204, Anm. 76). Bei der Übertragung der Kartons auf die Transparente wurden die Münchner Künstler von zahlreichen zum Fest angereisten Malern unterstützt (vgl. Cornill 1865 II, S. 14). Im Fall der Mutter auf dem Sterbebett nahm Förster die Ausführung allerdings wohl allein vor (vgl. Förster 1874, S. 406). Präsentiert wurden die Gemälde schließlich an der Ostseite des Rathaussaales. Eine ephemere Wandverkleidung bildete eine chorähnliche Nische, die sakraler Architektur nachempfunden war. Die Totenszene war als eine der fünf in dieser Apsis gezeigten Episoden rechts platziert. Nach der Säkularfeier verblieben die Transparente im Besitz der Stadt Nürnberg und waren noch 1860 "wohlerhalten in der Kunstschule zu Nürnberg" (vgl. Förster 1860, S. 70). Danach verliert sich ihre Spur (vgl. Mende 1969, S. 197, Anm. 2).
S. 216, Kat.-Nr. III./9