Das Gemälde bildet die Rückseite des 1507 datierten „Bildnis eines jungen Mannes“, das Dürer möglicherweise in Venedig als Auftrag eines dort ansässigen Kaufmannes, oder kurz nach seiner Rückkehr nach Nürnberg, anfertigte (vgl. Wien, KHM, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 849). Dürer porträtiert auf dieser Rückseite eine alte Frau als Halbfigur, die, eine Brust entblößt, spärlich mit einem leuchtend roten Tuch bekleidet ist und einen großen Beutel voll Geldstücke in ihren Händen hält.
Die Deutung der Darstellung, vor allem in ihrer Zugehörigkeit zur Vorderseite, wird bis heute in der Forschung diskutiert (vgl. hierzu ausführlich Anzelewsky 1991 I, S. 210; Ausst.-Kat. Wien 1994, S. 66). Im Inventar der Wiener Kunstkammer von 1619 wird die Dargestellte als Allegorie des Geizes (Avaritia) aufgeführt (vgl. Köhler 1906/ 1907, S. X, Nr. 82), dem viele Forschende folgten (vgl. u.a. Thausing I 1884, S. 373; Winkler 1928, S. 44; Musper 1952, S. 258; Wolf 2010, S. 259). Seit dem 20. Jahrhundert wird die Figur häufig als Vanitas, als Sinnbild der Eitelkeit und Vergänglichkeit und spezifischer als Teilaspekt der Verführung (Luxuria) interpretiert (vgl. u.a. Glück 1923, S. 106; Anzelewsky 1991 I, S. 210).
Fedja Anzelewsky stellte, Eduard Flechsig folgend, die These auf, dass die Tafel Teil eines Diptychons gewesen sei, deren andere, heute verschollene Tafel ein Marienbild gewesen sein könnte, oder, dass es sich noch wahrscheinlicher um ein Bildnis mit Schiebedeckel samt Wappen des Auftraggebers gehandelt hat (vgl. Flechsig I, S. 408; Anzelewsky 1991 I, S. 211).
S. 44, Nr. 130