In einem marmorierten Innenraum vor einem roten Vorhang und einem Fenster mit Blick in eine hügelige Landschaft stehend, porträtiert Dürer eine Maria mit Kind. Die in ein blaues Gewand gehüllte, monumentale Gottesmutter blickt die Betrachter:innen frontal an und hält das nackte Jesuskind in den Händen.
Das Gemälde blieb trotz Christoph Gottlieb von Murrs Erwähnung 1778 „von einem unbekannten sehr alten Meister“ (vgl. Murr 1778, S. 476) im Praunschen Kabinett unbekannt, bis es 1932 in Privatbesitz auftauchte und im selben Jahr auf einer Auktion bei Christies (London) versteigert wurde (vgl. Best.-Kat. Washington 1993; Ausst.-Kat. Wien 2003, S. 178). Aufgrund der auch in der Literatur vielfach betonten formalen Bezüge zu venezianischen Madonnenbildern (vgl. u.a. Große 2012, S. 334), wurde auf der Auktion noch als Bild Giovanni Bellinis angeboten. Max Friedländer führte es 1934 als Gemälde Dürers in die kunsthistorische Forschung ein (vgl. Friedländer 1934).
Das in der unteren Ecke angebrachte Wappen der Nürnberger Patrizierfamilie Haller deutet auf die Auftraggeberschaft eines Familienmitglieds hin. 2003 konnte das korrespondierende Frauenwappen auf der rechten Seite mithilfe von Infrarotreflektografie als Hausmarke der Familie Koberger identifiziert werden (vgl. Ausst.-Kat. Wien 2003, S. 180). Somit kann Wolf III. Haller von Hallerstein als Auftraggeber angenommen werden, der 1491 Ursula Koberger heiratete.
Der Tafel ist rückseitig die Darstellung von Lots Flucht mit seiner Familie aus Sodom aus dem Alten Testament beigefügt (vgl. Washington, NGA, Inv.-Nr. 1952.2.16.b). Der ikonografische Zusammenhang bleibt bis heute ungeklärt, könnte jedoch auf den Wunsch des Auftraggebers zurückzuführen sein (vgl. u.a. Anzelewsky 1991 I, S. 143; Große 2012, S. 334).
S. 47, Nr. 127
S. 72
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