Das Christus gepurt. 1513. Jar. Adi. 1. May. Hat man den großmechtigen Kunig von Portugall Emanuell gen Lysabona pracht auß India/ ein sollich lebendig Thier. Das nennen sie
Rhinocerus. Das ist hye mit aller seiner gestalt Abcontertfet. Es hat ein farb wie ein gespreckelte Schildkrot. Und ist vo dicken Schalen uberlegt fast fest. Und ist in der größ als der Helfandt
aber nydertrechtiger von paynen/ und fast werhafftig. Es hat ein scharff starck Horn vorn auff der nasen/ Das begyndt es albeg zu wetzen wo es bey staynen ist. Das dosig Thier ist des Helf=
fantz todt feyndt. Der Helffandt furcht es fast ubel/ dann wo es Jn ankumbt/ so laufft Jm das Thier mit dem kopff zwischen dye fordern payn/ und reyst den Helffandt unden am bauch auff
un erwurgt Jn/ des mag er sich nit erwern. Dann das Thier ist alos gewapent/ das Jm der Helffand nichts kan thun. Sie sagen auch das der Rhynocerus Schnell/ Fraydig und Listig sey.
1515
RHINOCERVS
AD
Einfassungslinien
1515 entwarf Dürer den Holzschnitt "Rhinocerus (Das Rhinozeros)", der um einen beschreibenden Text ergänzt als Flugblatt erschien.
Nachdem im Mai 1515 ein von Dürers Zeitgenossen so genanntes Rhinocerus als Geschenk an König Emanuel I. von Portugal eingeschifft wurde, verbreitete sich die Nachricht des "Wundertiers". Ein Buchdrucker aus Lissabon verfasste eine Ereignis und Tier beschreibende Mitteilung und übersandte sie, vermutlich sogar mit einer Skizze, nach Nürnberg (vgl. hierzu Schoch/ Mende/ Scherbaum II, S. 421). Wohl diese Neuigkeit war es, die Dürer zu seinem Flugblatt inspirierte, mit dem er in Bild und Text für alle Neugierigen informierte.
Die seitenverkehrte Vorzeichnung, auf der sich der Text noch unterhalb des Tieres befindet, hat sich im British Museum erhalten (London, British Museum, SL,5218.161). Wohl ein Lesefehler dieser handschriftlichen Notiz führte dazu, dass sie auf dem Holzschnitt die Jahreszahl "1513" nennt. Im Gebetbuch Kaiser Maximilians I., das von Dürer und anderen namhaften Künstlern seiner Zeit mit Zeichnungen gestaltet wurde, findet sich ein ähnliches Tier (Gebetbuch Kaiser Maximilians I., S. 33r).