Steiner, Paul (1876-1944)

Nach Kindheit und Jugendzeit verbrachte Steiner in Xanten und besuchte im benachbarten Kleve das Gymnasium. In Kontakt mit der Archäologie kam er über seinen Vater, Dr. med. Joseph Steiner, der auch ehrenamtlicher Vorsitzender des Niederrheinischen Altertumsvereins in Xanten war.
Nach nur kurz begonnenem Studium des Maschinenbaus in München erfolgte 1898 ein Wechsel der Studienfächer zur Klassischen Archäologie und Klassischen Philologie. Münster, München, Berlin und Bonn waren seine Studienorte. In Bonn erfolgte 1904 die Promotion über ein beziehungsreiches Thema, das über das in der Nähe Xantens entdeckte Soldatengrabmal des Centurionen Marcus Caelius Anknüpfungspunkte zu seiner eigenen Biographie aufwies: „Dona militaria oder die militärische Auszeichnung bei den Römern“. Das 1905/06 verliehene Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts führte ihn nach Kleinasien, Griechenland und Italien. In Olympia nahm er an den Ausgrabungen von Wilhelm Dörpfeld im Heraion teil.
Anschließend war Steiner von 1906-1911 wissenschaftlicher Assistent bei der Römisch-Germanischen Kommission in Frankfurt am Main. Seine Aufgabe war die Publikation der heimischen Xantener Altertumssammlung und die wissenschaftliche Bearbeitung der römischen Ziegelstempel aus Ober- und Niedergermanien. Auf Vermittlung von Hans Dragendorff wechselte er 1911 zur Unterstützung von Museumsdirektor Emil Krüger an das Provinzial- bzw. Rheinische Landesmuseum nach Trier, zunächst als Direktorialassistent, seit 1928 als Abteilungsdirektor. Unterbrochen wurde seine Tätigkeit am Trierer Museum von durch den Ersten Weltkrieg, an dem er von 1914-1918 teilnahm, zuletzt als Hauptmann und Kompanieführer. Zu seinen ständigen Aufgaben gehörte die Stellvertretung des Museumsdirektors, die Wahrnehmung des archäologischen Landesdienstes im gesamten Regierungsbezirk mit der Erstattung der Fundberichte sowie die Betreuung der vorgeschichtlichen Sammlung und des Münzkabinetts.
Nach der Ausbildung zum Klassischen Archäologen hat Steiner sich in seiner beruflichen Tätigkeit der Provinzialrömischen Archäologie der Rheinlande zugewandt. Im Trierer Bezirk sind vor allem seine Arbeiten zu römischen Villen (Bollendorf, Fließem, Nennig) und die Studien zur römischen Wandmalerei hervorzuheben. Daneben ist eine zunehmende Hinwendung zur Vorgeschichte des Trierer Landes zu beobachten. Sein besonderes Interesse fand dabei – außer den vorgeschichtlichen Höhlen und den Steinbeilfunden – vor allem die sogenannte Ringwallforschung. Steiners Aktivitäten wird eine vollständige Erfassung und die erste Vermessung der meisten vor- und frühgeschichtlichen Befestigungen im Bezirk verdankt. Allerdings hatte er nur an einer Anlage – dem Weinberg bei Kerpen – die Gelegenheit zu Ausgrabungen. In gleicher Weise befasste er sich sammelnd, ordnend und publizierend mit den Münzfunden im Bezirk.
Neben einer Fülle von wissenschaftlichen Abhandlungen, die vor allem in den „Trierer Jahresberichten“ und der „Trierer Zeitschrift“ veröffentlicht sind, hat er eine Führungshefte zu archäologischen Denkmälern der Stadt (Basilika, Dom) und des Trierer Landes verfasst (römische Villen von Otrang und Nennig). Von besonderer Bedeutung für die Information interessierter Kreise sind über 160 Zeitungsartikel zu archäologischen Themen, die zwischen 1914 und 1935 vor allem im „Trierischen Volksfreund“ erschienen und ein frühes Beispiel systematischer Öffentlichkeitsarbeit darstellen.
Nach über 24-jähriger Dienstzeit musste er 1937 die durch die Rheinische Provinzialverwaltung aus politischen Gründen erzwungene vorzeitige Versetzung in den Ruhestand erleben.