Schon von Jugend an war Adolf Neyses interessiert an der Geschichte seiner Heimatstadt Trier und fasziniert von ihren Baudenkmälern. Seine mathematische Begabung und sein Interesse an Technik führte ihn ab 1942 zunächst als Praktikant zum städtischen Tiefbauamt, wo er das technische Zeichnen und die Praxis von Straßenbau und -unterhaltung sowie der Kanalisation und Stadtentwässerung erlernte.
Im Oktober 1945 wechselte er auf die Staatsbauschule in Trier und belegte die Fachrichtung Tiefbau im Bauingenieurwesen. Ab 1950 war er als technischer Grabungsleiter und Vermessungstechniker über vier Jahrzehnte am Rheinischen Landesmuseum Trier tätig und mit Ausgrabungen an den römischen Großbauten in der Stadt, aber auch an Fundplätzen im Bezirk befasst.
1950 hatte auch der Wiederaufbau der monumentalen kriegszerstörten Basilika in Trier, der kaiserlichen Palastaula aus der Spätantike, begonnen. Die begleitenden Ausgrabungen, Vermessungsarbeiten und denkmalpflegerischen Maßnahmen waren für Neyses der lehrreiche Einstieg in die Arbeit der Archäologie. Dem Interesse und weitgespannten Blick des jungen Ausgräbers ist letztlich auch die Einrichtung des Konservierungsbereichs unter der Palastaula mit der vorkonstantinischen Anlage und dem romanischen Weinkeller zu verdanken. Idee und Planung stammen von Adolf Neyses, der ebenso an der Ausgrabung und Sicherung der Kryptoporticus vor der Basilika beteiligt war.
1959 begannen unter der örtlichen Leitung von Neyses die Ausgrabungen an einem weiteren bedeutenden Römerbauwerk – der spätantiken Kaiservilla von Konz, in deren Bereich der Neubau der Kirche St. Nikolaus erfolgte. Für die Festschrift der Kirchengemeinde von 1961 hat Neyses den Vorbericht der Ausgrabung verfasst – seine erste Fachpublikation. Eine aktualisierte Fassung erschien 25 Jahre später; der darauf beruhende Fortdruck als Einzelschrift des Landesmuseums stellt noch immer den publizierten Stand der Forschung dar.
Die von ihm betreuten archäologischen Untersuchungen in St. Matthias zu Anfang der 1960er Jahre machten Neyses mit einem Thema der Trierer Archäologie vertraut, das für ihn noch von besonderer Bedeutung werden sollte – einer Kirchengrabung mit darunter liegenden frühchristlichen Gräbern.
Auch im Trierer Land sind eine Reihe von archäologischen Ausgrabungen mit dem Namen von Adolf Neyses verbunden, so das selten anzutreffende Ensemble einer römischen Villa mit zugehörigem Grabbezirk und Tempel bei Newel in der Südeifel oder die Untersuchungen im römischen Vicus von Wederath-Belginum im Hunsrück.
Auf der Grundlage der Ausbildung zum Bauingenieur entwickelte Neyses im Verlauf seiner Ausgrabungstätigkeiten eine besondere Affinität zu Fragen antiker Technik. Ausgehend von eigenen Ausgrabungsfunden hat er römische Doppelkolben-Druckpumpen analysiert, rekonstruiert und Leistungsberechnungen angestellt. In den 1970er Jahren hat er sich ausführlich mit der Wasserversorgung der Römerstadt Trier befasst und insbesondere die Ruwer-Wasserleitung in ihrem Verlauf, ihrer Bauweise und technischen Konstruktion untersucht. Bei der Ausgrabung eines römischen Landgutes bei Lösnich an der Mosel zwischen 1973 und 1978 gelangen ihm weitere hochinteressante technikhistorische Beobachtungen. Dabei konnte er nicht nur die Existenz einer wasserbetriebenen Getreidemühle belegen, sondern auch den ersten Nachweis eines römischen Weinkelterhauses in Deutschland erbringen. 2007 veröffentlichte er einen Wiederherstellungsversuch der Trierer Römerbrücke auf der Grundlage eigener statischer Berechnungen.
Die jahrzehntelangen vielfältigen Erfahrungen im Ausgrabungsdienst befähigten Neyses zur Übernahme einer einzigartigen Aufgabe: die Ausgrabungen in St. Maximin, die teils parallel zur Renovierung und Umnutzung der ehemaligen Klosterkirche nahezu ohne Unterbrechungen von 1978 bis 1990 dauerten. Unter dem Boden des Kirchenbaus fanden sich römische Grabmäler, frühchristliche Sarkophage und eine Fülle von Grabinschriften. Ausgehend von einer mehrfach erweiterten spätantiken Begräbnishalle, die im 6. Jahrhundert zu einem Kirchenbau umgewidmet wurde, führte die Untersuchung der Bauabfolgen zu einem gewaltigen Neubau in ottonischer Zeit, einem gotischen Umbau und nach Kriegszerstörungen zum letzten Kirchenneubau im 17. Jahrhundert.
Als Neyses mit Ablauf des Jahres 1990 in den vorgezogenen Ruhestand trat, waren die Ausgrabungen in St. Maximin im Wesentlichen beendet, doch engagierte er sich weiter für die Vorbereitung der Veröffentlichung seiner Untersuchungsergebnisse. Zunächst übernahm er selbst die zeichnerische Dokumentation, dann auch die Erstellung der beschreibenden und auswertenden Texte. Dank der anhaltenden Unterstützung durch das Bischöfliche Museum konnte das im Verlauf von zehn Jahren im Ruhestand erarbeitete Werk 2001 in zwei großformatigen Bänden erscheinen. Ausführlich erforscht ist die bis dahin unbekannte ottonische Abteikirche des 10. Jahrhunderts, der früheste Monumentalbau seiner Art zwischen Maas und Elbe, im Überblick auch die vorromanische und nachottonische Bauentwicklung bis zur Aufhebung der Abtei basierend auf den eigenen Ausgrabungen. Dem persönlichen und anhaltenden Einsatz von Neyses sind die über ein Jahrzehnt währenden Ausgrabungen in St. Maximin, die sorgfältige Dokumentation der Funde und Befunde sowie schließlich auch die grundlegende Publikation zu verdanken. Auf dieser Basis sind weitere interdisziplinäre Forschungen zu Grabausstattung, Inschriften, Münzen, Bestattungssitten und Bautraditionen möglich geworden.
Mit seinen Arbeiten in St. Maximin wurde der Ausgrabungstechniker Adolf Neyses als Autodidakt zum Bauforscher von wissenschaftlichem Format.