Goethert, Karin (1943-2023)

Schon als Gymnasiastin im Berlin der Nachkriegszeit interessierte sich Karin Polaschek für die griechische und römische Antike. Nach dem Abitur mit Großem Latinum nahm sie umgehend ihr Studium an der Freien Universität Berlin auf, zunächst der Klassischen Archäologie und Alten Geschichte, erwarb das Graecum und erweiterte ihre fachlichen Interessen um Neu- und Altgriechisch sowie Byzantinistik. Nach Auswärtssemestern in Freiburg i. Br. und Marburg beendete sie das Studium 1969 mit ihrer Dissertation zu einem Thema aus dem Bereich der griechischen Plastik, betreut von Friedrich Wilhelm Goethert, ihrem späteren Schwiegervater.
Über ihr Berufsziel war sie sich schon länger im Klaren: Sie strebte eine Tätigkeit an einem Museum mit archäologischen Sammlungen an. Eine Rundreise durch die Römermuseen in Westdeutschland brachte sie in Verbindung mit dem Rheinischen Landesmuseum in Trier, das zu ihrer lebenslangen Arbeitsstätte wurde. Zunächst konnte sie im Rahmen von Drittmittelverträgen an den Publikationsvorbereitungen der von Wilhelm Reusch geleiteten Ausgrabungen in den Trierer Kaiserthermen mitwirken. Wesentliche Aufgabe war die Fortführung der von Gudrun Reinfuß(-Cüppers) begonnenen Bearbeitung der Keramik aus den vorthermenzeitlichen Befunden. Hiermit begann ihr fachlicher Einstieg in die bislang noch fremden Materien der Provinzialrömischen Archäologie.
In ihrer Freizeit befasste sie sich weiterhin mit klassisch-römischer Plastik, arbeitete sich aber auch intensiv in die treverischen Steindenkmäler ein. Nach der Pensionierung von Reusch wurde sie dauerhaft am Trierer Landesmuseum angestellt. Sie erwies sich als die ideale Besetzung zur Betreuung der umfangreichen römischen Bestände in den Magazinen und der Studiensammlung, deren Ordnung, Erschließung und wissenschaftlichen Bearbeitung sie über Jahrzehnte den überwiegenden Teil ihrer Arbeitskraft widmete. Dabei hatte sie stets ein übergeordnetes Ziel in Blick: die wissenschaftliche Erfassung und Auswertung ganzer Materialgruppen in sorgfältig erstellten Publikationen und eine nachfolgende Vermittlung der Erkenntnisse an interessierte, auch nicht-fachwissenschaftliche Kreise. Gläser und Lampen mit ihren Fundzusammenhängen, Grabinventare als solche sowie Steindenkmäler und Mosaiken entwickelten sich zu ihren Forschungsschwerpunkten, die stets in vorbildliche Veröffentlichungen – wissenschaftliche Monographien, populärwissenschaftliche Themenbänden, Zeitschriftenaufsätze oder Beiträge in Ausstellungskatalogen – mündeten. Sie scheute auch nicht die Kärrnerarbeit der Wissenschaft – die Herausgabe der Publikationen: Für die „Trierer Zeitschrift“ war sie von 1978 bis 2000 für die Redaktion verantwortlich, dazu kamen die in dieser Zeit veröffentlichten Beihefte und weiteren Schriften des Hauses.
Nach dem Eintritt von Wolfgang Binsfeld in den Ruhestand wurde sie 1993 zur Stellvertretenden Direktorin berufen, die mehrfach die Dienstgeschäfte zu führen hatte. 2005 wurde ihr die kommissarische Leitung des Museums übertragen. Als wichtigste Aufgabe stellte sich die Vorbereitung und Durchführung der großen Landesausstellung „Konstantin der Große“ 2007 heraus. Die dazu erforderlichen Bau- und Sanierungsmaßnahmen führten zu einer Neuaufstellung des Museums mit Außenmagazinen, Umwidmung von Funktionsbereichen und neuer technischer Infrastruktur. Dazu kam die Entwicklung von Leitbild und Corporate Design bis zum Konzept einer neuen Dauerausstellung.
Karin Goethert oblag als Leiterin des Rheinischen Landesmuseums Trier als einer eigenständigen Dienststelle auch die Leitung der Archäologischen Denkmalpflege in der Stadt und im Bezirk. Es war ihr ein besonderes Anliegen, deren vielfältigen Belangen, insbesondere der Stadtarchäologie, gerecht zu werden. Dieses Bestreben spiegelt sich nicht zuletzt in der von ihr maßgeblich betriebenen Herausgabe der zweiten Denkschrift der Archäologischen Trier-Kommission mit dem programmatischen Titel „Rettet das archäologische Erbe in Trier“ 2005, zu der sie selbst mehrere Kapitel verfasst hat.
Seit 1974 war sie mit dem Archäologen Klaus-Peter Goethert verheiratet (den Doppelnamen Goethert-Polaschek benutzte sie in ihren Publikationen bis 1988).
Über das Ausscheiden aus dem aktiven Dienst mit Erreichen der Altersgrenze im Januar 2008 hinaus blieb sie in steter Verbindung mit ihrem „Traum von einem Museum“. Als regelmäßiger Gast in der Bibliothek arbeitete sie weiter an ihrem ersten großen Trierer Thema – dem römischen Glas. Neben einer Reihe von Aufsätzen widmete sie sich insbesondere dem Fortsetzungsband zu ihrem 1977 vorgelegten Katalog der römischen Gläser des Rheinischen Landesmuseums Trier.