DW_378 Selbstbildnis mit Palette und Bild auf Staffelei (Mengs, Anton Raphael und Werkstatt)

Aufgrund der kürzlich erfolgten Autopsie ist die Einordnung des Gemäldes in den Werkzusammenhang zu revidieren. Es handelt sich um eine Variante von Kat. 279, die konzeptuell auf Mengs zurückgeht und an deren teilweiser Eigenhändigkeit kein Zweifel besteht.
Als Bildträger wurde eine Mahagonitafel verwendet, die in Höhe und Breite ca. 10 cm größer ist als die für Kat. 279 verwendete Tafel. Um den Kopf hebt sich eine helle Farbschicht vom übrigen grauen Hintergrund ab, deren Form der für Mengs' Modellstudien typischen Hinterlegung des Kopfes mit Grundierfarbe ähnelt. Gut erkennbar ist die Grenze zwischen dieser Schicht und dem sie überlagernden Hintergrund. Eine Erklärung für diesen Befund ist momentan nicht zu erbringen, da eine maltechnische Diagnose noch aussteht.
Das mit Sicherheit während des Aufenthaltes in Florenz vom Herbst 1773 bis zum Frühjahr 1774 begonnene Bild verdankt sich vermutlich einem nicht unwichtigen Auftrag, für den Mengs den in Italien ungebräuchlichen Werkstoff Mahagoni verwenden konnte, da er in Florenz über ein gewisses Quantum an diesem Material verfügte [DW_279, DW_378]. Naheliegend ist daher die Annahme, dass das bis zum Zeitpunkt der Abreise aus Florenz bis auf Gesicht und Hand unfertige Bild, dessen Fertigstellung wegen des Bildträgers noch einige Zeit erfordert hätte, in Florenz, wahrscheinlicher aber von der weiterhin unter Anton von Maron in Rom operativen Werkstatt fertiggestellt wurde, um es dem Auftraggeber in vollendetem Zustand auszuhändigen.
Nicht nur der technische Befund würde aus einer solchen Konstellation erklärbar, sondern auch die in der Substanz minimalen, visuell aber nachhaltigen Eingriffe, die sich an den rundlichen und stärker verschatteten Augen sowie an den leicht gelängten Gesichtsproportionen zeigen. Sie verändern den Gesamteindruck der Physiognomie, und zwar so deutlich, dass sich drei Kopien, die bisher als Derivate der Liverpooler Version [Kat. 279 WK 3, Kat. 279 WK 4 und DW_279/ WK_08] klassifiziert wurden, nun als Ableger der Ehrenburg-Variante identifizieren lassen. Bestätigt wird dieser Zusammenhang durch ein weiteres Element, nämlich den um den Rücken gelegten und von der Liverpooler Version in Form, Struktur und Farbigkeit abweichenden Umhang, der nicht vom Rand überschnitten ist. Tatsächlich wurde durch die (am Pentiment ablesbare) Korrektur an der Position der Büste auf der linken Seite genügend freie Fläche gewonnen, um die herabfallende Drapierung vollständig wiederzugeben.
Das damit erwiesene Nachleben in Kopien, die aus Österreich und Böhmen stammen, lässt vermuten, dass sich auch das Vorbild ehemals in diesem geographischen Kontext befand. Die illustre Provenienz aus dem Fürstenhaus Reuss ältere Linie lässt zwar keine Rückschlüsse auf die Vorgeschichte zu, wohl aber sind genealogische Querverbindungen der Familie nach Österreich belegt.