DW_67 Kopfstudie für hl. Maria Magdalena (Mengs, Anton Raphael)

Obwohl die Abmessungen des Gemäldes leicht von den Angaben (45 x 35 cm) im Katalog der Sammlung de Verí abweichen, stimmt die dortige Abbildung des Gemäldes so genau mit dem jetzt bekannt gewordenen Werk überein, dass kein Zweifel an der Identität beider Gemälde besteht. Die Sammlung de Verí, die sich bis ins 20. Jahrhundert im Familienpalast in Palma de Mallorca befand, wurde nach 1929 aufgelöst und verkauft.
Abgesehen davon, dass die Erfassung von technischen Angaben vor 100 Jahren noch nicht nach heutigen Regeln erfolgte - der Katalog von 1920 enthält keinerlei Hinweis auf den Bildträger - sind es einige markante Details, die beim Vergleich zwischen dem alten Foto und dem Bild auffallen: die Lichter auf dem Haar in der Nähe des Scheitels, die geringfügige, aber auffällige Überschneidung des Ohrs durch die Haare und die hellen senkrechten Pinselstriche auf der rechten Seite des Dekolletés. Anders als in DW_318, wo Gesichtsausdruck und Modellierung schon weitgehend dem ausgeführten Gemälde entsprechen, sind hier die Gestaltung der Haare und des Dekolletés noch vernachlässigt. Ausdrucksmäßig ist diese Studie im naturalistischen Modus gehalten.
Dazu passt die Angabe von Tomás de Verí, der zufolge die Kopfstudie ein Bildnis von Margarita Guazzi-Mengs wäre (Dokumentation 1). Vermutlich stammte diese Information von Manuel Salvador Carmona, der aber die Mutter seiner bereits 1792 verstorbenen Frau persönlich nicht mehr kennengelernt hatte. Es war allerdings bekannt, dass sie ihrem Mann häufig für die weiblichen Gestalten als Modell gedient hatte [Roettgen 1999, Kat. 6, 46, 116]. Im konkreten Fall ist eine direkte Ähnlichkeit mit ihr nicht feststellbar.
Aus einem an Tomás de Veri gerichteten Brief von G. M. de Jovellanos, der von 1801 bis 1808 als Gefangener in der Festung Bellver auf Mallorca einsaß (Dokumentation 2), ergeben sich wichtige Details zu dem Gemälde und seinem „Pendant“, einem Selbstbildnis im Profil [DW_374]. Tomás de Veri hatte die Bilder kurz zuvor in Madrid für 2000 Reales erworben. Damit gehörte das Bild zu den Werken aus der römischen Werkstatt, die Rafael Mengs 1780 seinem Schwager Salvador Carmona und seiner Schwester Anna Maria aus Rom nach Madrid mitgebracht hatte [DW_374].
Aufgrund der Beschreibung, die ihm der Offizier Castelmaure, der zu seinen „Bewachern“ gehörte, von den Bildern gegeben hatte, entstand bei Jovellanos der Verdacht, man habe für de Verí Kopien angefertigt und ihm diese anstelle der Originale verkauft. Diese Zweifel revidierte er jedoch, nachdem Verí sie ihm in sein Gefängnis geschickt hatte, wo er sie mit eigenen Augen sehen konnte. Der Dankesbrief, den er deswegen an Veri schrieb, legt Zeugnis von der hohen Wertschätzung ab, die Jovellanos für Mengs‘ Malerei hatte.