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Sauterleute fertigte die Glasmalerei als Teil eines 20 Szenen umfassenden Scheinbenzyklus nach Dürers 1511 mit lateinischen Texten des Benedictus Chelidonius in Nürnberg erschienenen "Marienleben", darunter auch der um 1503 entworfene Holzschnitt "Die Geburt Mariens". Wie in der Vorlage bietet ein Rundbogen den Betrachter*innen Einblick in ein großzügiges und im Stil des Nürnberger Bürgertums um 1500 möbliertes Schlafgemach. Während im Hintergrund die von der Geburt erschöpfte Anna auf ihrem durch einen Baldachin bekrönten Bett liegt, ihr zwei Frauen fürsorglich Speise und Getränk darbieten sowie eine begleitende Hebamme ihr eigenes Haupt ermüdet auf die Decke der Wöchnerin bettet, herrscht im Vordergrund ein reges Treiben. Dort stehen und sitzen zahlreiche weitere Frauen, die sich in Grüppchen zusammengefunden haben, sich unterhalten und trinken. Nur eine von ihnen steht den Betrachter*innen zugewandt und blickt selig zum Neugeborenen, das von einer weiteren Hebamme an einem Zuber gewaschen wird. Die himmlische Atmosphäre des Geschehens wird dadurch betont, dass der Raum nach oben geöffnet ist. Über einem Wolkenband schwebt ein Weichrauch schwenkender Engel.
Matthias Mende zufolge dürfte der Scheibenzyklus von dem Nürnberger Handelsgerichtsassesor Johann Jacob Hertel in Auftrag gegeben worden sein (vgl. Mende 1969, S. 196; vgl. Kat. Hertel 1841, S. 33, Kat.-Nrn. 60-79).