Die E. A. Fleischmann’s Hofkunsthandlung wurde 1806 als Verlagsbuchhandlung gegründet. Von 1842 bis 1859 befand sich die Verlagsbuchhandlung in der Kaufingerstr. 35 in München. Nach Fleischmanns Tod 1847 übernahm seine Witwe Franziska die Geschäfte und verkaufte 1859 die Buchhandlung an den damaligen Geschäftsführer August Rohsold (Vgl. Steinhäuser, S.5). Ende der 1860er Jahre kam der Handel mit Gemälden hinzu. Nach Ende des deutsch-französischen Krieges 1870/71 wurden die beiden Geschäftsbereiche voneinander getrennt. (Vgl. Gramlich, S. 220). Mit Albert Riegner als Inhaber wurde das Geschäft 1873 endgültig zur Kunsthandlung umgewandelt (Vgl. Berlinische Galerie). Mit der Spezialisierung im Kunsthandel entspann sich ein Netzwerk zu vielen zeitgenössischen Künstlern, wie Franz von Lenbach (1836-1904), Wilhelm Leibl (1844-1900) und Franz Defregger (1835-1921), mit denen die Galerie in geschäftlichem Kontakt stand (Vgl. Gramlich, S. 220). Zum Tagesgeschäft gehörte neben dem Verkauf von Gemälden und der Durchführung von Auktionen, auch die Abwicklung der Verkäufe von Gemäldesammlungen sowohl von Privatpersonen als auch von wirtschaftlichen Größen wie beispielsweise dem Fabrikbesitzer Emil Seitz. In welchem Jahr die Kunsthandlung mit Auktionen begann ist unklar, der älteste erhaltene Auktionskatalog ist auf das Jahr 1888 datiert (Vgl. Steinhäuser, S. 8). Die längste Zeit befand sich die einzige Filiale der Kunsthandlung bis zur Arisierung im Jahr 1938 in der Maximilianstraße 1. Durch viele Kontakte ins Ausland, unter anderem nach Italien, Frankreich, England und den Niederlanden erlangte die Galerie schnell einen Ruf als Anlaufstelle für internationale Kunst. Der Galerie wurde 1872 der Hoftitel des bayerischen Königshauses verliehen, woraufhin sie sich nun E. A. Fleischmann’s Königliche Hof-Buch- und Kunsthandlung (Riegner) nannte (Vgl. Steinhäuser, S.6). Dieser zeugte von der Verlässlichkeit des Geschäfts und dienten den Kunden somit als Absicherung (Vgl. Gramlich, S. 220).
1904 stieg Maximilian Heinemann in das Kunsthandelsgeschäft ein. Mit dessen Übernahme 1905 wurde die Kunsthandlung zu einem „jüdischen“ Geschäft (Vgl. Steinhäuser, S. 11). In dieser Zeit begann die Geschäftsbeziehung zur Galerie Heinemann, die von seinen Brüdern geführt wurde (Vgl. Gramlich, S. 221). Seine Frau Bettina Löwy stieg zur gleichen Zeit in das Geschäft ein. Der berufliche Weg des gemeinsamen Sohnes Rudolf Heinemann wurde von früh an auf den Kunsthandel ausgerichtet. Nach dem Besuch des humanistischen Wilhelmsgymnasiums, folgte das Studium der Kunstgeschichte in München und Berlin. Ein exaktes Eintrittsdatum in die Galerie liegt nicht vor, aber er wurde spätestens 1928 Mitarbeiter (Vgl. Gramlich, S. 221). Max Heinemann verstarb am 27. Oktober 1931. Bettina Löwy übernahm den Anteil ihres Mannes und führte, gemeinsam mit Rudolf Heinemann als „Junior Chef“ (Vgl. Steinhäuser, S. 12), die Galerie weiter. Bis zu ihrem Tod im Juli 1938 war sie mit der Verwaltung der Auslandsgeschäfte betraut (Vgl. Gramlich, S. 222).
Die 1931 veranstaltete Ausstellung „das Bildnis in der Deutschen Renaissance“ zeigte erstmals circa 50 Gemälde altdeutscher Meister und wurde in München ein voller Erfolg. Die Werke waren zu einem großen Teil aus dem eigenen Besitz der Galerie, ein kleinerer Teil wurde von anderen Kunsthandlungen ausgeliehen. Hierunter stammten sechs Bilder aus der Kunsthandlung Böhler. Die Ausstellung kam zum richtigen Zeitpunkt, da zwei Tage zuvor am 6. Juni, der Glaspalast in München niedergebrannt war. Ein Ausstellungsort, der der Kunstbranche als Austausch- und Begegnungsstätte dienen und München zur bedeutendsten Kunststadt Deutschlands machen sollte. Bei dem Brand wurden unter anderem über 1000 Werke von zeitgenössischen Künstlern zerstört, deren Existenz dadurch ernsthaft bedroht wurde. Die Galerie Fleischmann spendete daraufhin Einnahmen aus den Eintritten zur Ausstellung und dem Katalogverkauf an den Münchener Künstlerunterstützungsverein (Vgl. Steinhäuser, S. 12ff.).
Ein wichtiger Kunde der Galerie war Heinrich Thyssen-Bornemisza. Rudolf Heinemann war in der Galerie maßgeblich verantwortlich für die gute Geschäftsbeziehung zu dem Unternehmer. Während eines Aufenthalts in München vom 20. bis 24. August 1928 besuchte Thyssen-Bornemisza die Galerie Fleischmann (Vgl. Gramlich, S. 217). Im Dezember desselben Jahres verfestigten sich die Geschäftsbeziehungen (Vgl. Gramlich, S. 220). Innerhalb kürzester Zeit wurde die Galerie zum wichtigsten Kunsthändler für Thyssen in München und war somit federführend am Aufbau der Sammlung Thyssen beteiligt, die 1930 in der Pinakothek in München erstmals der Öffentlichkeit gezeigt wurde. Nach der Ausstellung verwahrte die Galerie Fleischmann die Werke der Sammlung weiterhin bei sich auf (Vgl. Gramlich, S.257). Die Sammelleidenschaft Thyssen-Bornemiszas nutzte auch anderen Kunsthandlungen in Deutschland und den Niederlanden, durch die Wirtschaftskrise zu Beginn der 1930er Jahre zu kommen (Vgl. Gramlich, S. 224).
Mit Erstarken der Nationalsozialisten war auch Rudolf Heinemann als Jude den Erniedrigungen und Repressionen des Systems ausgeliefert. Gute Geschäftsbeziehungen im Ausland, die vor 1933 bereits Bestand hatten, sicherten in dieser Zeit den Fortbestand der Galerie, da diese Devisen einbrachten und somit dem „deutschen wirtschaftlichen Interesse“ dienten. Trotz dieser Voraussetzung wurde Heinemann privat wie beruflich durch die Nationalsozialisten stark eingeschränkt und verlor 1933 seine Eintragung beim Amtsgericht als Kunstsachverständiger. Zwei Jahre später, 1935, folgte im September der Ausschluss aus der Reichskammer der bildenden Künste. Diese Ereignisse besiegelten das Ende seiner Zeit als Kunsthändler in Deutschland (Vgl. Gramlich, S. 264). Er hielt sich bereits ab 1933 vermehrt in der Schweiz auf. 1934 verließ er Deutschland endgültig und war seither in der Schweiz und den USA als Kunsthändler tätig. Für seine Münchner Galerie hatte er bereits Vorkehrungen getroffen, bevor die „Arisierung“ durch die Nationalsozialisten stattfand. Er meldete die Galerie am 16. April 1934 gewerblich ab. Sie wurde im Anschluss unter gleichem Namen als GmbH von dem befreundeten Rechtsanwalt Dr. Max Schwarz als Geschäftsführer und von Hubert Schmid, der bereits viele Jahre in der Galerie tätig war, als Prokurist übernommen und somit „arisiert“ (Vgl. Steinhäuser, S. 16). Der Standort der Galerie verlagerte sich zur gleichen Zeit in die Widenmayerstraße 37. Rudolf und seine Mutter blieben aber auch im Ausland als Gesellschafter an der Firma beteiligt (Vgl. Gramlich, S.265f.). 1937 wurde die Kunsthandlung unter die Verwaltung der Süddeutschen Treuhand-Gesellschaft AG gestellt (Vgl. Schreiber/Drauschke). 1938 wurde die Kunsthandlung aufgelöst, ebenfalls auf Wunsch von Rudolf Heinemann. Hubert Schmid gründete daraufhin seine eigene Kunsthandlung in München unter seinem Namen (Gramlich, S. 266). (Molz 2022)
Dieser Eintrag ist im Rahmen des Seminars "Der Kunstmarkt und seine Mechanismen - Die Rolle von Kunsthandelsarchiven für die Forschung" von Dr. Birgit Jooss am Institut für Kunstgeschichte der Universität Augsburg im Wintersemester 2021/2022 entstanden.
Der Eintrag basiert auf den Forschungsergebnissen von Britta Bommert im Rahmen des Projekts „German Sales 1901-1929“ (https://www.arthistoricum.net/themen/portale/german-sales/). Siehe auch Bommert, B. & Brand, J. (2019).