Redlich, Clara (1908-1992)

Clara Redlich (1908-1992) erhielt als erste Frau in Deutschland 1946 die Venia Legendi für Urgeschichte und Frühgeschichte an der Universität Göttingen. Ihre Habilitationsschrift mit dem Titel „Westgermanische Stammesbildungen“ wurde nicht publiziert. Teile davon fanden Eingang in Zeitschriftenaufsätze.

Ihr Studium absolvierte die Baltendeutsche in Riga (Lettland) und Göttingen, 1933 erfolgte die Promotion (Nationale Frage und Ostkolonisation 1934), danach eine museumstechnische Ausbildung, Museumsleitung, Assistenz bei Walter von Stokar in Köln (1936–1944) und mit ihm Ausgrabungen an der „Atlantikfront“ durch das NS-Ahnenerbe. Stokar erwähnte, dass in der fraglichen Zeit (1941–1944) von ihm und Redlich bis 152 denkmalpflegerische Eingriffe, 42 Klein- und 6 Großgrabungen durchgeführt wurden, sie wiederholt auch in Kampfhandlungen verwickelt waren, was aber beide in keiner Weise berührte (Eickhof 2007, 351).
Trotz ununterbrochener Tätigkeit im Fach, setzte der Karriereknick bei Redlich bereits nach dem Krieg ein, denn es gelang ihr nicht, an einer Universität Fuß zu fassen. Ihren Lehrverpflichtungen in Göttingen kam sie jahrelang unbezahlt neben ihrer eigentlichen Tätigkeit in Hannover nach, ohne dass diese aufreibende Doppeltätigkeit zu einer Festanstellung oder zu einer außerplanmäßigen Professur in Göttingen geführt hätte. Die ungedruckte Habilitationsschrift erschwerte angeblich eine Berufung. Die Gründung eines eigenen Museumsverbandes, der Redlichs Aufgaben übernahm, war ausschlaggebend für ihre Bewerbung um eine Assistentenstelle in Berlin.
Mit dem Wechsel an die Freie Universität Berlin 1966, inzwischen 58 Jahre alt, begann Redlich wieder als wissenschaftliche Assistentin bei dem fünf Jahre jüngeren Lehrstuhlinhaber Kirchner (1913–1990), der dann kurz darauf das Umhabilitierungsverfahren einleitete. Im Alter von 60 Jahren wurde sie zum außerordentlichen Professor ernannt, 1970/71 zum wissenschaftlichen Rat und Professor und zuletzt, bis zu ihrer Pensionierung 1973, zum Geschäftsführenden Direktor. Die Besoldung entsprach aber nicht C3. Erst anlässlich der Nachfolgeverhandlungen wurde die Stelle noch für die Neuausschreibung 1973 höher gruppiert und ausgeschrieben.
Da Kirchner in seiner 20jährigen Lehrtätigkeit keine Studentinnen und Studenten zu Magister und Promotion führte, oblag Redlich auch die Betreuung der Studierenden. Nur zwei Studenten schlossen 1973 bei Redlich mit dem Magister ab und blieben im Fach. Zwei knappe, an versteckten Stellen publizierte Nachrufe zeigen die geringe Wertschätzung, die der ersten habilitierten Frau im Fach entgegengebracht wurde.