DW_Z_09 Bildnis eines Mannes mit Liktorenbündel im Profil nach links (Mengs, Anton Raphael)

Die größere Präzision und sorgfältigere Modellierung zeigen an, dass es sich bei diesem Exemplar um die Erstfassung handelt, die unter Zuhilfenahme des Durchpausverfahrens repliziert wurde. Das Ergebnis dieser Wiederholung [DW_Z_08] ist eigenhändig und trägt eine mit der Vorlage gleichlautende Signatur.
An der unteren Kante der schräg geschnittenen Büste sind nicht mehr lesbare Schriftspuren erkennbar, die möglicherweise den Namen des Dargestellten angaben. Das Bildnis ist in eine für Kupferstiche übliche Binnenrahmung eingefügt, die eine hochovale steinerne Nische fingiert und die ihrerseits von einem rechteckigen Rahmen mit horizontaler Schraffierung begrenzt wird, auch dies ein für Kupferstiche üblicher Dekor. Auf eine geplante Verwendung als Stichvorlage deutet des Weiteren die Angabe „fig.10“ am oberen linken Rand hin.
Eine identische Rahmung weisen zwei Zeichnungen in der Sammlung des Duke of Buccleuch und ein weiteres Bildnis auf [Roettgen 1999, Z 33, Z 34, Z 91], die auch technisch und stilistisch mit dem Berliner Blatt eine Gruppe bilden. Möglicherweise waren sie als Vorlagen für Bildnis-Kameen bestimmt, die Giovanni Pichler (1743-1791) in Zusammenarbeit mit Mengs anfertigte. Bislang lässt sich nur der Cameo mit dem Bildnis Julius Caesars nachweisen, der auf der Zeichnung [Z 33] von Mengs basiert.
Trotz motivischer Ähnlichkeiten des Berliner Porträts mit Julius Caesar stimmt die Physiognomie des Dargestellten nicht mit dessen bekannten Porträtbüsten (Vatikanische Museen) überein. Dies legt die Vermutung nahe, dass es sich hier um das antik ausstaffierte Bildnis eines Zeitgenossen handelt. Besonders im britischen Kontext waren solche antikisierenden Porträts beliebt. Das Liktorenbündel (faszies) als ein Attribut, das in der Antike den höchsten Amtsträgern der römischen Republik zustand, spricht dafür, dass es sich um einen politischen Amtsträger handelt.