DW_328 D. Carlos Antonio von Bourbon (1748–1819) als Prinz von Asturien (1760-1788) (Mengs, Anton Raphael)

Das der älteren Forschung nicht bekannte Gemälde wurde von Davide Gasparotto als Werk von Mengs bestimmt. Der terminus ante quem für die Entstehung ergibt sich aus dem Datum der Hochzeit des Infanten mit seiner Cousine Maria Luisa von Parma, die in der Nacht vom 4. auf den 5. September 1765 in La Granja de S. Ildefonso vollzogen wurde. Das Bildnis des Bräutigams wurde üblicherweise schon vor der Hochzeit nach Parma geschickt. Bei der kostbaren und aufwändigen Kleidung handelt es sich um die Hochzeitsrobe des Prinzen, deren Anfertigung in den Rechnungsbüchern des Palastarchivs in Madrid (A.G.P) dokumentiert ist. Für die Stickerei von zwei „bestidos“, die für die Hochzeit bestimmt waren, stellte der Sticker Carlos Gomez de los Rios am 17. Februar 1766 19.000 Reales de vellon in Rechnung, nachdem am 2. Juli 1765 für die Gewänder selbst mit allem Zubehör bereits 17.780 Reales de vellon ausgegeben worden waren (Jordan de Urries y de la Colina 2009). Dass sich diese Ausgaben u.a. auf das im Porträt dargestellte Kleidungsstück beziehen, ergibt sich aus der Beschreibung, die das Blumenmuster des einen Rocks erwähnt. Der Prinz trägt ein offenes, grau gefüttertes Justaucorps mit Knopfwerk über einer zugeknöpften und wohl hüftlangen Schossweste. Das Grundmaterial ist Silberbrokat, der mit Blumen und Pailletten reich bestickt ist. Der Blumendekor zeigt kleine Sträuße mit drei hellroten Röschen im Rapport, eine direkte Anspielung auf die Hochzeit. In seiner erhobenen Rechten hält der Bräutigam ein kleines aufgeschlagenes Buch, auf dessen einziger sichtbarer Seite das Wort „Luisa“ steht. Statt Herrschaftsinsignien, die seinem Status als Erbprinz nicht entsprochen hätten, liegen auf dem Tisch Bücher und Blätter mit Notizen und geometrischen Zeichnungen.
Für den Porträttypus griff Mengs auf das Bildnis des neunjährigen Königs Ferdinand IV. von Neapel zurück, der wie sein älterer Bruder an einem Tisch steht und sich nach links wendet, reduziert das Format allerdings zum Hüftbild. Da sich eine Version dieses Porträts in Madrid befand (Roettgen 1999, Kat.132), wurde so auch die damals noch unterschiedliche dynastische Ranghöhe der beiden Brüder dokumentiert.
Obwohl die Wiedergabe der Gesichtszüge (seitenverkehrt) dem zweiten Bildnis des Erbprinzen weitgehend entspricht, das nach neueren Erkenntnissen im Frühjahr 1766 in Aranjuez entstand (Jordan de Urries y de la Colina 2009, S. 146), wirkt der Gesichtsausdruck ‒ passend zur Inszenierung ‒ offiziell und distanziert. Ein so exklusiv als Bräutigamporträt konzipiertes Bildnis ist im Oeuvre von Mengs einzigartig.