DW_343 Bildnis Wilhelm Baron von Edelsheim (1737-1793) (Mengs, Anton Raphael)

Bei diesem der bisherigen Forschung unbekannten Bildnis handelt es sich allem Anschein nach um die nach dem Leben ausgeführte Modellstudie, die Mengs als Grundlage des Ölbildnisses (Roettgen 1999, Kat. 205) angefertigt hat.
Die lockere und flüchtige Faktur, die besonders auffällig in der Augenpartie und am Rock- und am Hemdkragen ist, sowie das Format als Brustbildnis ohne Hände stützen diese These. Diese Merkmale bewirken eine größere Direktheit und Unmittelbarkeit, so als ob die Studie während eines Gesprächs entstanden ist. Gemessen an der gegenständlich genau übereinstimmenden Ölversion wirkt der Ausdruck spontaner und direkter und die Gesichtszüge erscheinen weniger idealisiert und geglättet und daher auch eher dem tatsächlichen Alter des Dargestellten entsprechend.
Aus einem Brief an die Markgräfin Caroline von Baden, den Edelsheim kurz vor seiner Abreise aus Florenz am 5. Februar 1771 schrieb, geht hervor, dass sich beide Männer hier kennengelernt und befreundet hatten: „[…] Mais il faut que je Lui mande une des rencontres les plus heureuses que j’ai eu. J’ai trouvé ici ce fameux peintre Menx, que le roi d’Espagne a envoyé pour faire les portraits de la famille du Grand Duc. Je me suis aquis son amitié. Il sera à Rome en même temps que moi. Il prend soin de moi comme d’un eleve […]” (nach Krebs 1951, S. 252, s.a. https://www.karoline-luise.la-bw.de/dokumente.php)
Die früheste Erwähnung des Bildnisses findet sich überraschenderweise in einem erst kürzlich bekannt gewordenen Schreiben des Staatskanzlers Kaunitz vom 20.11. 1771. Edelsheim unterrichtete Kaunitz, mit dem er seit seinen Wiener Gesandtschaftsjahren (1767-1769) befreundet war, in seinen Briefen regelmäßig über Mengs, den er in dessen damals aktuelle Reformbemühungen für die Wiener Akademie zu involvieren versuchte (Mayer 2020, S. 208-213). So bot er Kaunitz an, den Ankauf eines Madonnengemäldes von Mengs zu vermitteln. In einem Brief aus Rom vom 15.6. 1771 kündigte er Kaunitz an, dass er auf der Rückkehr aus Italien nach Wien kommen werde und ihm dann die Aktzeichnungen zeigen wolle, die er von Mengs erworben hatte [>DW_Z_57a-h]. Im Herbst 1771 schickte er ihm – vermutlich über einen diplomatischen Kurier – sein von Mengs gemaltes Porträt. Dies geht aus einem Handschreiben des Staatskanzlers an Kaiserin Maria Theresia vom 20. 11. 1771 hervor:“ (…) je prens la liberté de Lui envoyer un portrait d’Edelsheim l’ainé peint à Rome l’année passée par le celebre Menx, parc-que c’est un chef d oeuvre selon moi, et que cela est en verité egal si non superieur à tout ce que jamais Vandyck fait ce plus parfait.“ (Wien, OeSTA, HHSTA, Staatskanzlei, Vorträge, K. 110, Fasz. XI, nach Mayer 2020, S. 366-367). Kaunitz ließ das Porträt in die „antichambre des femmes“ der Kaiserin bringen, damit sie es betrachten konnte. Ihre Reaktion ist jedoch ebenso wenig bekannt wie die näheren Begleitumstände dieses Bildnisses. Edelsheim selbst traf erst im Jahr 1772 zu einem nicht präzisierbaren Zeitpunkt in Wien ein, wo er anschließend länger als ein Jahr verweilte, wie die aus Wien an die Markgräfin von Baden adressierten Briefe vom 3. Oktober 1772 und vom 25. November 1773 belegen (https://www.karoline-luise.la-bw.de/dokumente.php). Mayer hält es für möglich, dass Edelsheim das Bildnis anschließend von Wien aus mit in seine Heimat nahm, so dass es mit dem Karlsruher Bildnis identisch sein könnte.
Angesichts der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Kaunitz und Edelsheim wäre es aber auch möglich, dass es sich bei dem der Kaiserin vorgelegten Bildnis um eine andere Version handelte, die Edelsheim Kaunitz als Freundschaftsgabe geschenkt hatte. Ein Pastell, das leichter transportierbar war als eine massive Holztafel, wäre für diesen Zweck bestens geeignet gewesen. Es ist in der Tat schwer vorstellbar, dass die Holztafel erst nach Wien und von da aus nach Deutschland transportiert wurde.