DW_351 Bildnis Sir Charles Hanbury Williams (1708-1759) (Mengs, Anton Raphael)

Das Gemälde ist in den älteren Inventaren der Sammlung Colonna nicht dokumentiert und wurde bis vor kurzem dort nicht als Werk von Mengs geführt. Obwohl nicht von den biographischen Quellen zu Mengs erwähnt, dürfte diese Version aus seinem römischen Atelier stammen, wurde aber möglicherweise schon vor 1779 verkauft. Dies ergibt sich aus dem Textpassus, den Gian Ludovico Bianconi 1779 dem 1751 in Dresden begonnenen britischen Diplomaten gewidmet hat:
„[…] ma per la sollecita sua impensata destinazione a Pietroburgo il Cavalier Williams dovette partire e il ritratto restò incompleto. Non è gran tempo che era qui in Rom in casa dei Mengs, e chi ha conosciuto quel singolare inglese, e veduta la pittura, dirà se è possibile il fare testa più somigliante. A me pareva che fosse bollente e viva come l’originale”.
Daraus ergibt sich, dass Bianconi, der Williams 1751 in Dresden begegnet war und sich daher gut an sein Aussehen erinnerte, das Bildnis vor nicht allzu langer Zeit („non è gran tempo“) im römischen Hause von Mengs gesehen hatte. Das vollendete Bildnis von 1754 (Roettgen 1999, Kat. 233) und die 1757 datierte Warschauer Version (Roettgen 1999, Kat. 234) konnte er jedoch nicht kennen, weil er erst 1764 nach Rom gekommen war. Diese Konstellation und der Hinweis auf die außerordentliche Röte des Kopfes, die ihm als Arzt besonders auffiel, legen nahe, dass es sich bei dem von Bianconi erwähnten Exemplar um das heute in der Sammlung Colonna befindliche Bildnis handelt. Das Gesicht ist hier in der Tat deutlich röter als in der Warschauer Fassung und es ist dem Bild deutlich anzusehen, dass es unvollendet ist. Dies wird sowohl am unausgewogenen Kolorit wie an einigen Partien (Halstuch, Revers, rote Schärpe, Spitzenmanschetten, Schnitzwerk des Sessels) deutlich. Dazu kommen einige gegenständliche Unterschiede: so fehlt die reiche Goldstickerei auf dem Gilet. Unvollendet blieb auch der über Eck gestellte Tisch mit dem Tintenfass, wobei auffällig ist, dass von dem darunter befindlichen Blatt Papier nur eine kleine Ecke zu sehen ist, die ohne Beschriftung blieb. Detaillierter ausgearbeitet sind dagegen das Gesicht und die ausgestreckte rechte Hand.
Demnach wurde das heute verlorene Exemplar im Besitz der Nachkommen des Dargestellten ex novo in Rom ausgeführt, ebenso wie die drei Jahre später gemalte Version in Warschau.
Das im Nachlassinventar von 1779 aufgelistete „ritratto di un Cav.re inglese“, das ich 1999 versuchsweise mit dem Bildnis im Palazzo Colonna in Verbindung gebracht habe, bleibt mit seinen 3 palmi romani Höhe (ca. 67 cm) deutlich hinter den Maßen des Bildes zurück.