DW_358 Idealisiertes Bildnis der Caterina Mengs-de Angelis (1757-1783) (Mengs, Anton Raphael)

Ungeachtet des nicht optimalen Erhaltungszustandes (Abreibungen) ist das Pastell deutlich als eigenhändige Version des Bildnisses erkennbar, das aus Mengs‘ Nachlass in den Besitz von José Nicolas de Azara gelangt ist und das hier als Bildnis einer Muse geführt wurde (Roettgen 1999, Kat. 256). Diese Benennung erklärt sich aus der legeren antikisierenden Gewandung, zu der auch die locker von einem blauen Band gehaltenen Haare passen. Der Vergleich mit einem Ölporträt von Mengs‘ Tochter Caterina, das sich im Besitz ihrer Nachkommen befindet (Roettgen 1999, Kat. 257), zeigt jedoch, dass es sich um eine idealisierte Version dieses Bildnisses handelt. Die Dargestellte hält hier statt eines Buches eine Papierrolle in der Hand und ist mit einem rosafarbigen Kleid und einem Mantelüberwurf in kräftigem Blau bekleidet. Statt des blauen Bandes ist über ihr braunes Haar ein rosafarbenes Tuch gelegt. Ihre Gesichtszüge sind hier weniger idealisiert als in den beiden anderen Versionen, deren Tendenz zu einem Idealporträt unverkennbar ist.
Aus den verfügbaren Quellen geht hervor, dass Caterina zum Zeitpunkt der Entstehung ihres Bildnisses 20 Jahre alt war. Das Porträt entstand daher wohl im Zusammenhang mit der geplanten Verheiratung dieser am 30. April 1757 in Rom geborenen Tochter, die mit vollem Namen Maria Catharina Geltrude hieß (Roettgen 2003, S. 483). Der Ehevertrag mit Pasquale Antonio de Angelis, der einer in den Marken beheimateten Adelsfamilie entstammte, wurde am 25.9. 1778 in Rom geschlossen. Die notarielle Vereinbarung über die Mitgift zwischen dem Brautvater und dem Bräutigam erfolgte am 8. 10. 1778. Aus diesem Anlass wurde eine Liste der Gegenstände erstellt, die die Braut in die Ehe einbrachte, die jedoch in den Akten des Notars nicht mehr vorhanden ist (Roettgen 2003, S. 574).
Trotz der weitgehend identischen Bildkonzeption unterscheidet sich die in Pastellkreide ausgeführte Version bei nahezu übereinstimmendem Kolorit gegenständlich etwas von der in einigen Partien unvollendeten Ölversion der Sammlung Azara. Da der Ausschnitt auf der linken Seite enger gewählt ist, fehlen der Unterarm und die auf ein Buch gelegte Hand. Wahrscheinlich ging die Pastellversion dem Ölporträt voraus, wofür der lockere Duktus und die nur angedeuteten Details der Kleidung sprechen. Da sich aus Mengs‘ späteren Lebensjahren nur wenige Pastellbildnisse erhalten haben (DW_343), stellt dieses Werk einen wichtigen Beleg dafür dar, dass er sich bei der Vorbereitung von Porträts weiterhin dieser Technik bedient hat. Das Pastell war Teil des Konvoluts von Gemälden und Zeichnungen, die der Gipsformer Vincenzo Barsotti aus dem Nachlass von Mengs erhielt [DW_62/ VZ_08, DW_335]. Dass er ein gutes Verhältnis zu den Erben unterhielt, belegt der Brief, den ihm Bernardino Duccini am 3. März 1782 aus Rom schrieb und in dem er Grüße von Anton Maron und von „tutti di casa Mengs“ ausrichtet (Lucca, Archivio di Stato, Carte Barsotti).
Bei der rückseitigen Aktstudie in der Pose des „bösen“, d.h. nicht bekehrten Schächers Gestas aus der Kreuzigungsikonographie, wo er meistens links von Christus dargestellt ist, handelt es sich um eine der für Mengs und seinen Umkreis typischen Akademien. Die robuste Muskulatur und die summarischen Konturen sprechen jedoch nicht für eine eigenhändige Arbeit. Das Monogramm CM lässt sich nicht auflösen, es sei denn, man denkt an einen Hinweis auf die auf dem recto dargestellte Caterina Mengs. Ob sie wie ihre Schwester Anna Maria künstlerisch tätig war, ist nicht bekannt.