DW_365 Händestudie (Mengs, Anton Raphael)

Die Angaben, die der Schreiber des Aufklebers gemacht hat, erlauben es, die Provenienz dieser Studie zu rekonstruieren. Johann Heinrich Meyer (1760-1832) hielt sich von 1784 bis 1791 in Italien auf und davon mehrere Jahre in Rom, wo er 1788 J. W. v. Goethe kennenlernte. Zu dieser Zeit waren Teile des ehemaligen Bestandes aus Mengs‘ Atelier noch verfügbar und verkäuflich. Das kleine Gemälde gehört zu einer Kategorie von Arbeiten, für die seitens des Kunsthandels geringes Interesse bestand, da sie keinen Bildcharakter haben. Ein solches Werk zu besitzen, das wohl für einen geringen Betrag zu haben war, entsprach dagegen der Interessenlage des kunstgeschichtlich versierten Sammlers, das sich auf authentische Zeugnisse richtete. Laut Aufkleber hatte sich Meyer auch davon überzeugt, dass es sich wirklich um ein Werk von Mengs handelte. Die vor einen dunklen Grund gesetzte Studie ist mit Sicherheit kein Bildfragment, sondern entstand als gesonderte Modellstudie, d.h. nach einem Naturvorbild. Dafür spricht auch die von Mengs für seine Ölstudien nach dem Leben gern verwendete rote Grundierung der Leinwand. Eine im Bildtypus ähnliche Ölstudie mit sechs weiblichen Handposen ist seit 2006 bekannt [DW_375].
Die Studie gibt ein weibliches Händepaar in einer für Bildnisse und Halbfigurenbilder charakteristischen Pose wieder. Auch wenn sich bisher kein direkter Bezug zu einem Bildnis feststellen lässt, gibt es motivische Parallelen zur Werkgruppe der halbfigurigen Personifikationen von Allegorien, die nach 1752 in Rom entstanden (Roettgen 1999, Kat. 122-124). Der in diesen Werken zu beobachtende Händetypus richtet sich nach dem Vorbild der Hände von Margherita Mengs, wie der Blick auf ihr allegorisches Porträt als Diligentia zeigt (Roettgen, Kat. 116).
Die Sorgsamkeit, die Mengs, besonders in seinen Porträts, auf die Gestaltung der Hände legte, wird an mehreren Beispielen deutlich und zieht sich durch das gesamte Schaffen, angefangen mit der frühen Studie von 1740 (Roettgen 1999, Kat. Z 31). Für das Bildnis der Infantin Maria Josepha hat sich eine Zeichnung für die Hände erhalten (Roettgen 1999, Kat. 167 VZ 1).