DW_321 Jugendlicher Johannes der Täufer in einer Landschaft liegend (Mengs, Anton Raphael)

Das Gemälde bereichert die Gruppe der eigenhändigen Versionen dieser Komposition (Roettgen 1999, Kat. 80, 85) um ein drittes Exemplar, das in markanten Details (Stellung des rechten angewinkelten Beines, Händehaltung, Schriftrolle und deren Text) mit DW_80 übereinstimmt. Auch das Kolorit und die Drapierung des zinnober-roten Mantels entsprechen DW_80, ebenso wie die Gestaltung der Landschaft, auf deren üppige Vegetation ein heller Lichtstreifen fällt. Die stärkere Wertigkeit des landschaftlichen Elements lässt die liegende Gestalt des jugendlichen Täufers weniger isoliert erscheinen und bereichert das kompositionelle Gefüge, wozu die bewegte und lebhafte Lichtführung wesentlich beiträgt.
Diese Merkmale weisen deutliche Parallelen zur Komposition der büßenden Maria Magdalena auf, die Mengs 1752 für August III. von Polen gemalt hat (Roettgen 1999, Kat. 90). Die Landschaft und der Vordergrund entsprechen sich nahezu spiegelbildlich. Die kompositorische Nähe zur Dresdner Magdalena liefert stilistische Indizien, die diese Provenienz stützen. Obwohl die beiden Gemälde weder materialmäßig noch in den Abmessungen als Pendants anzusprechen sind, ist die Bezugnahme so evident, dass sie die Datierung des Täufer-Bildes in die ersten Jahre des Romaufenthaltes nahelegt.
Dies erlaubt die These, dass es sich um das von Winckelmann in einem Brief von 1761 erwähnte Gemälde handelt, das sich damals im Palazzo Clerici Biglia in Mailand befand. Er empfiehlt seinem Freund Leonhard Usteri, sich dessen Besichtigung nicht entgehen zu lassen. Es handelte sich lt. Winckelmann um ein kleines und besonders fein ausgeführtes Gemälde des jugendlichen Täufers, das ursprünglich für König August III. von Polen bestimmt war, vom Maler dann aber dem Kardinal Alberico Archinto geschenkt wurde (Brief vom 10. Mai 1761). Nach dessen Tod (1758) kam es nach Mailand, wo es bis 1875 nachweisbar ist. Zwischen diesem Datum und dem Jahr 2011 gibt es nur lückenhafte Belege für diese Provenienz. Bekannt ist immerhin, dass es vom Vorbesitzer ca. 1940 im Zusammenhang mit der Erbteilung einer „famiglia nobile dell’Altitalia“ erworben worden war.
In einer späteren Edition des Elogio storico von Gian Ludovico Bianconi von 1802 findet sich ein auf das Gemälde der casa Biglia bezüglicher Passus folgenden Wortlauts:
“Il San Giovannino giovinetto, sedente in terra, menzionato fra le pitture esistenti in Milano in casa Biglia fu inciso in rame da Vincenzo Vangelisti nel 1797. Lo sgraziato Vangelisti però, prima di ammazzarsi, la notte del 20 giugno 1798, guastando tuti i rami incisi collo sfregiarli mediane un forte bollino, rovinò anche questo.”
Der Gewährsmann für diese Nachricht ist Carlo Bianconi (1732-1802), der Sekretär der Accademia di Brera, an der Vangelisti di Klasse Kupferstich geleitet hatte.
Ob sich ungeachtet dieses Zerstörungsaktes Abzüge der Platte erhalten haben, ließ sich bisher nicht feststellen.

Anscheinend hat Mengs auch nach der Schenkung an Archinto, die Winckelmann zufolge zum Dank für eine Gefälligkeit erfolgte, zumindest bis zu seiner Berufung nach Madrid die Verpflichtung gegenüber dem Dresdner Hof ernst genommen. Dafür spricht, dass in seinem Nachlassinventar drei Bozzetti in Grisaille, sowie eine Kupfertafel wie eine Holztafel aufgeführt sind, die einen liegenden Johannes d. T. darstellten (Roettgen 1999, QU 53, 54, 56).