DW_320 Tod des hl. Augustinus (Mengs, Anton Raphael)

Der 1949 von Sanchez Cantón als Gemeinschaftsarbeit von Mengs und Ramos angesehene Bozzetto diente der Vorbereitung eines für die Kirche des Real Monastero de la Encarnación in Madrid bestimmten Altarbildes von Francisco Ramos (1764-1817). Céan Bermudez teilt in seiner unveröffentlichten biographischen Skizze des Malers Ramos mit, dass er diesen Auftrag dem Vorschlag von Mengs verdankte, der das Bild im oberen Teil selbst retuschiert habe “habiéndole antes retocado el maestro en la parte superior“ (J. A. Céan Bermudez,„Ramos“, Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 21455, nach Jordan de Urries y de la Colina, Anm. 15, S. 229). Der zwischen 1794 und 1798 verfasste Text spricht nur von dem heute noch an seinem Bestimmungsort befindlichen Gemälde. In einer 1846 publizierten Biographie von Francisco Ramos heißt es dagegen „lo que éste (Mengs) hizo fue un ligerísimo boceto de claro oscuro que aún conserva, y que Ramos ejecutó en su cuadro con la mayor exactitud“ (P. Ramos, Don Francisco de Ramos, in Museos de las Familias, IV, 25. Juni 1846, S. 129, nach Jordan de Urries y de la Colina S. 228, Anm. 14). Möglicherweise bezieht sich die knappe Beschreibung des Bozzettos („ligerísimo boceto de claro oscuro“) auf das heute in Granada befindliche Gemälde, dessen flüchtiger Duktus eng mit DW_319 übereinstimmt. Der Verfasser dieses Textes stritt jedoch explizit die Überarbeitung des ausgeführten Gemäldes durch Mengs ab. Eine Klärung dieser Frage ließe sich nur durch eine maltechnische Untersuchung des Altarbildes gewinnen. Vermutlich hat Mengs die Ausarbeitung der gesamten Komposition begleitet.
Seit 1677 wurde der Kirchenvater Augustinus in Spanien durch einen eigenen Feiertag im Kirchenjahr (28. August) verehrt. Außerhalb der zyklisch angelegten Bildprogramme mit seinen Lebensstationen gibt es für Einzeldarstellungen seines Todes (430 in Hippo/ Nordafrika) kaum Beispiele in der Malerei der Gegenreformation. Mengs griff für die Komposition auf die ikonographische Tradition zurück, die sich ausgehend von Carlo Maratti (Wien, Kunsthistorisches Museum) für den Tod des heiligen Joseph herausgebildet hatte. Die thematisch bedingten Abwandlungen dieser Typologie betreffen vor allem das um das Sterbelager versammelte Personal, bestehend aus mehreren Trauernden mit Fackeln, einem Priester und einem Engel. Der Sterbende blickt zu dem von Engeln getragenen Christus-Salvator empor, dessen weitgehend nackter Körper teilweise von einer Draperie umhüllt wird.
Möglicherweise ließ sich Goya für sein 1788 entstandenes Altarbild „Der heilige Franz von Borgia steht einem Sterbenden bei“ (Valencia, Kathedrale) durch das Altarbild von Ramos anregen. Jedenfalls entspricht die Konstellation des diagonal in den Bildraum gelegten Sterbenden und des sich ihm zuwendenden Priesters seitenverkehrt dem Gemälde von Ramos, das am Fußende des Bettes einen Priester mit segnend erhobenem Arm darstellt.