DW_313 Maria mit dem Jesuskind und Johannes dem Täufer als Kind (Mengs, Anton Raphael)

Die Komposition entspricht einer in Dresden befindliche Miniatur, die während des zweiten Romaufenthaltes entstanden ist (Roettgen 1999, Kat. 39). Zwischen den beiden Versionen lassen sich zahlreiche kleinere Unterschiede feststellen. Der Bildausschnitt wurde etwas enger genommen und der Heiligenschein der Maria und der helle Schein am oberen linken Bildrand entfielen. Weitere kleinere Veränderungen betreffen den Kopfschleier der Maria, den Faltenbausch an ihrem Ärmel, das Hemd des Jesuskindes, das Fellkleid des Täufers, und das gelockte Haar der beiden Kinder. Im Verein mit der hohen malerischen Qualität bestätigen diese minimalen motivischen Abweichungen die Eigenhändigkeit dieser großformatigen Version der Komposition, die gleichzeitig mit der Miniatur entstanden sein dürfte. Das gesättigte Kolorit, die Weichheit der Umrisse und das Sfumato des Inkarnats veranlassten eine versuchsweise Zuschreibung an den römischen Maler Antonio Cavallucci (1752-1795), die jedoch auszuschließen ist (Katalog Schuler 2014). Als Cavallucci 1771 in Rom mit Mengs zusammentraf, unterlag er noch anderen stilistischen Einflüssen. Außerdem hatte er damals keinen so engen Kontakt zu Mengs, dass ihm dessen Oeuvre und Werkstatt zugänglich waren. Obwohl seine erst in den 1780er Jahren entstandenen Marienbilder von Mengs beeinflusst sind, unterscheiden sie sich stilistisch deutlich von dessen Werken und vor allem von dieser deutlich an Raffaels Madonna della Sedia orientierten Komposition (Roettgen, Cavallucci 1976, 2011).
Trotz der in seinem bisher bekannten stilistischen Spektrum ungewöhnlichen Malweise ist daher Mengs‘ Autorschaft für dieses Gemälde nicht anzuzweifeln. Das belegen auch die beiden Wiederholungen, die aufgrund der unterschiedlichen motivischen Abweichungen und ihrer alten Zuschreibungen aus seinem unmittelbaren Umkreis (DW_313/WK_01) bzw. aus seiner Werkstatt (DW_313/WK_02) hervorgegangen sein müssen.
Der Umstand, dass diese Komposition von keiner biographischen Quelle erwähnt wird und dass es auch keine nachweisbare Provenienz für sie gibt, erklärt sich wohl aus ihrer frühen Entstehungszeit. Die in die Zeit des zweiten Romaufenthaltes (1746-1749) datierbare Miniatur legt die Entstehung der großformatigen Variante im gleichen Zeitraum nahe, wofür auch die motivische Ähnlichkeit mit der für August III. bestimmten Hl. Familie (Roettgen 1999, Kat. 46 und 47) spricht. Verglichen mit dieser 1749 entstandenen Komposition ist das Sfumato, insbesondere im Inkarnat, jedoch sehr viel ausgeprägter. Dies dürfte auf den Einfluss Correggios zurückzuführen sein, dessen Werke in Parma er auf der Reise nach Rom zum ersten Mal gesehen hat. Das spricht für eine Datierung zu Beginn des zweiten Romaufenthaltes.