Die als Pendants konzipierten großformatigen Blätter stimmen technisch und stilistisch überein und leider auch in ihrem schlechten Erhaltungszustand. Der Karton ist stark vergilbt, wobei sich bei DW_Z_154 auf drei Seiten etwas hellere Randstreifen abzeichnen, die sich zusammen mit den Lochspuren an den ausgefransten Rändern als Überbleibsel der ehemaligen Montierung deuten lassen. Eine dünne rote Linie deutet außerdem eine Art von Binnenrahmung an. Offensichtlich dienten die Zeichnungen als Anschauungs- und Studienmaterial und waren daher über einen längeren Zeitraum hinweg gerahmt.
Bossi, der von 1795 bis 1802 in Rom gelebt hat, übergab der Akademie beide Blätter bereits mit der Zuschreibung an Mengs. Für die Verlässlichkeit dieser Angabe spricht außer seinem längeren Romaufenthalt die Kennerschaft, die Bossi bei der Auswahl der Zeichnungen seiner Sammlung bewies. Allerdings haben beide Blätter so starke Lichtschäden erlitten, dass eine Beurteilung ihrer zeichnerischen Merkmale schwierig ist. Dezimiert wurde so vor allem die nur noch an wenigen Partien vorhandene plastische Binnenmodellierung, ein wichtiges Charakteristikum anderer Studien nach antiken Skulpturen [>Kat. Z 122, DW_Z_01, Kat. Z 2, DW_Z_03, DW_Z_146]. Noch sichtbar ist dagegen die hohe Qualität der Wiedergabe, die vor allem an den mit großer Sicherheit und Sensibilität wiedergegebenen Haarlocken deutlich wird.
Die Kombination der beiden Kopien dürfte kein Zufall sein, handelte es sich doch um zwei gleichermaßen berühmte Antiken des römischen Museo Capitolino. Winckelmann hat die Büste des Dionysos zunächst als Bacchantin, später jedoch als Leucotea interpretiert und sie als solche abgebildet, ein Irrtum, der erst von Visconti berichtigt wurde [>AK Rom 2017-2018, Kat. W 8, S. 340-341]. Da wohl auch Mengs die Dionysosbüste aufgrund ihrer Haartracht, ihrer Proportionen und ihres sinnenden Ausdrucks als weiblich ansah, kombinierte er sie mit einem ebenso jugendlichen, aber konträren männlichen Pendant, das Pathos und Größe ausdrückt, wie sich auch an der Unterschiedlichkeit der Lockenbildung zeigt.
Als Zeichner hegte Mengs eine gewisse Vorliebe für nah- und unteransichtige antike Köpfe, was ihm - so auch im vorliegenden Fall - durch seine eigene Abguss-Sammlung erleichtert wurde. Beide Abgüsse sind in der Dresdner Abguss-Sammlung vorhanden. Die Frontalansichtigkeit des beim Original leicht nach unten geneigten Kopfes der Dionysos-Büste spricht dafür, dass der Zeichner hier nach dem Gipsabguss zeichnete, vor dem er sich in der gewünschten Perspektive platzieren konnte. Das gilt auch für die Alexanderbüste, als deren besondere Merkmale Winckelmann die leichte Neigung des Kopfes nach links und den empor gerichteten Blick hervorhob. Diese Besonderheiten sind auch in der Kopie betont und werden durch die Unteransicht verstärkt.