Dank der Autopsie (01-07-2021) konnte die als verso montierte und daher bislang nicht fotografierte Zeichnung einer genauen Prüfung unterzogen werden, deren Ergebnis die Erkenntnis ist, dass es sich um eine im Zusammenhang mit dem Fresko in San Eusebio entstandene Skizze handeln muss. Maßgeblich für diese These ist der thematische Kontext und besonders die motivische Nähe zur Pose eines Engels in der unteren Zone mit den musizierenden Engeln, die im Bozzetto in Manchester noch erheblich vom Fresko abweicht. Die Draperie ähnelt aber auch der des den Kelch emporhaltenden Engels auf der linken Seite der Hauptgruppe des Freskos. Auch wenn es sich nicht um die Vorzeichnung für eine bestimmte Figur handelt, dokumentiert das Blatt die Auseinandersetzung mit dem für die Heiligenglorie zentralen Motiv des auf Wolken knienden Engels, wofür sich Mengs an Correggios Domfresken in Parma orientierte.
Der flüchtige, aber sichere Duktus der Zeichnung findet stilistische Parallelen in einer bislang nur kleinen Gruppe von Kreidezeichnungen, deren Charakteristikum breit gesetzte und kurze Schraffuren sind, mit denen die plastische Modellierung angedeutet wird, während die Umrisse locker und diffus bleiben [DW_45/VZ_02, DW_Z_158, Z_99, Z_100, Z_103].
Dass die Zeichnung aufgrund der Montierung als verso bisher unbeachtet blieb, erklärt sich auch aus dem Umstand, dass die um 90° gedrehte und als recto montierte Kopie nach Raffaels Jesajas-Fresko in San Agostino in Rom mit Sicherheit nicht von Mengs stammt. Ihr spröder und krakeliger Duktus erinnert an einige Zeichnungen, die sich mit Ismael Mengs in Verbindung bringen lassen [>Roettgen 1999, EXZ 30].