DW_277 Selbstbildnis (Mengs, Anton Raphael)

Die Angaben zum Zustand und zur Größe des Bildes sind in den Quellen widersprüchlich. Lt. Ratti schickte Mengs das Bild nach Genua, drei Jahre nachdem er das Selbstbildnis für den Grafen Firmian [DW_286] vollendet hatte. Demnach wurde das Bildnis 1776 in Spanien gemalt, was durch den sichtbaren Altersunterschied gegenüber den Selbstbildnissen von 1773 bestätigt wird. Ratti überliefert auch, dass das Bild für einen „carissimo amico“ bestimmt war, nennt jedoch nicht dessen Namen (Ratti 1779, S. X). Aus dem Werkverzeichnis bei Bianconi von 1779 geht dagegen hervor, dass es sich um Giuseppe Tealdo handelte. Das Bildformat wird hier als „tela da testa“ definiert, eine Angabe, die von der Werkliste bei Azara-Fea (1787) übernommen wurde. Hier findet sich auch der Vermerk, dass Mengs das Bild dem mit ihm befreundeten Tealdo geschenkt habe, als er in Genua weilte. Da aus Rattis Biografie bekannt ist, dass Mengs nach seinem ersten Aufenthalt 1770 auf der Rückreise von Madrid nach Rom Ende Februar/ Anfang März 1777 (Roettgen 2003, S. 564) erneut für zwei Tage in Genua verweilte, könnte die Schenkung zu diesem Zeitpunkt erfolgt sein.
Als wohlhabender Seidenhändler gehörte Tealdo 1760 zu den Subskribenten einer Übersetzung von Torquato Tassos Gerusalemme liberata in die genuesische Sprache und noch 1801 unterstützte er mit 80 Lire die Verteilung der Rumford-Suppe unter die Armen der Stadt. Giuseppe Tealdo besaß auch eine Kompositionsskizze, die einen der letzten großen Aufträge vorbereitet, an dem Mengs in Rom arbeitete, ohne ihn vollenden zu können (Roettgen 1999, Kat. 59). Wohl als Zeichen des Gedenkens an den verstorbenen Maler ließ er diese Zeichnung 1783 durch eine Radierung vervielfältigen [DW_59/VZ_05]. Sein Sohn bzw. Erbe Michele Tealdo war Jurist und in den Jahren 1814-1819 eine in kulturellen Angelegenheiten engagierte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens in Genua. Seine Schenkung an die Accademia Ligustica, die er in seinem Testament vom 23. September 1831 verfügt hatte, und die zwei Werke von Mengs beinhaltete [DW_129], wurde erst 1884 umgesetzt. Die Gründe für diese Verzögerung sind nicht bekannt.
Lt. Azara-Fea war das Bild nicht ganz vollendet („ben terminato“), d, h. ihm fehlte die letzte malerische Perfektion, die Mengs‘ Auffassung von der Malerei entsprach, eine Angabe, die durch den heutigen Zustand des Bildes nicht bestätigt wird. Von den insgesamt fünf Exemplaren dieses Bildnisses weist nur die heute im Metropolitan Museum in New York befindliche Fassung technische Merkmale auf, auf die das „Nicht-ganz-vollendet-sein“ zutrifft [DW_367]. Ihre Herkunft aus einer Genueser Sammlung lässt zudem den Verdacht aufkommen, dass es sich hierbei um die ursprünglich in Tealdos Besitz befindliche Version handeln könnte und dass die erst 1884 der Accademia Ligustica ausgehändigte Version an ihre Stelle trat. Zur Klärung des Sachverhalts wäre eine maltechnische Untersuchung der Version in der Accademia Ligustica notwendig.