Aufgrund eines Kupferstiches von Antonio Baldi (1692-1773), der den im Geruch der Heiligkeit verstorbenen Jesuitenprediger mit einem Bild der von ihm besonders verherten Immaculata darstellt, konnte Gudrun Maurer die bis dahin umstrittene Identität des von Mengs porträtierten Geistlichen klären. Obwohl der Stich nicht direkt auf dem Bildnis von Mengs basiert, ist die physiognomische Ähnlichkeit absolut überzeugend. Maurer konnte auch die ältere Provenienz des Bildes klären, das demnach mit dem Porträt des Padre Pepe identisch ist, das sich 1835 in der Sammlung des Infanten Sebastian Gabriel von Bourbon-Braganza befand (Roettgen 1999, U 187) und das 1982 hypothetisch von Agueda auf das Bildnis bezogen worden war, das Sanchez Cantón 1929 als Bildnis Eletas bestimmt hatte, obwohl die Ähnlichkeit mit dem einzigen bekannten Porträt des königlichen Beichtvaters nicht ganz überzeugte (s. a. Roettgen 1999, Kat. 206).
Möglicherweise erwarb der Infant das Bildnis in Rom über seinen Agenten José de Madrazo, der von 1808 bis 1814 in Rom lebte. Damals dürften einige Werke aus dem Besitz des 1808 verstorbenen Alberico Mengs in den Handel gelangt sein, die aus dem Nachlass des Vaters stammten, in dessen Inventar von 1779 ein „Ritratto del P.re“ aufgeführt ist, das mit 80 Scudi bewertet wurde (Roettgen 1999, QU 147 und S. 563, Nr. 21). Dass es sich bei diesem Werk um das Porträt des Padre Pepe handelte, geht aus der von Reiffenstein erstellten Liste hervor, die für Katharina II. angefertigt wurde. Hier findet sich das „Portrait du Pere Pepe fameux Jesuite à Naples“ (Roettgen 1999, S. 583, Nr. 20). Die Beschreibungen im Nachlassinventar des Alberico Mengs von 1808 sind so kursorisch, dass daraus kaum Informationen zu ziehen sind (Roettgen 1999, S. 575-577). Die Bildnisse sind hier in Blöcken erfasst und nicht spezifiziert.
Aufgrund der Lebensdaten des Dargestellten konnte Maurer die Datierung des Bildnisses auf den Mai des Jahres 1758 eingrenzen, als sich Pepe wegen der XIX. Generalversammlung der Societas Jesu in Rom aufhielt. Möglicherweise handelte es sich um einen Auftrag der neapolitanischen Königin Maria Amalia, die eine Anhängerin des Padre war, der ihr seine zwischen 1745 und 1748 in acht Bänden erschienenen Lezioni sacre gewidmet hatte. Auch der König selbst gehörte zu seinen Unterstützern und ließ sich offensichtlich durch ihn zu seiner Immaculata-Verehrung inspirieren, die seine religiöse Haltung auch während seiner spanischen Regierungsjahre dominieren sollte.
Das ursprünglich wohl etwas größere Bildnis, das nachträglich auf allen vier Seiten beschnitten wurde, ist ein eindrucksvoller Beleg für die um 1758 in Mengs‘ Oeuvre zu beobachtende Neuausrichtung des klerikalen Porträts. In der nahezu frontalen Wiedergabe des von Ernst und Gelassenheit gezeichneten Gesichtes manifestiert sich die Fähigkeit des Porträtisten zur Konzentration auf die wesentlichen Charakterzüge, die unmerklich so idealisiert werden, dass die Darstellung nicht in den Naturalismus abgleitet. Dies verdeutlicht der Vergleich mit dem Stich von Baldi, der in Neapel tätig war.
Pepe war wegen seiner fanatischen Positionen im Hinblick auf die Freimaurer und das Judentum sowie wegen seines polarisierenden und vulgären Tonfalls in seinen Predigten in den progressiven klerikalen Kreisen Roms sehr umstritten, genoss dagegen beim einfachen neapolitanischen Volk große Sympathie. Das Bildnis verrät nichts von dieser Seite seines Wesens, zeichnet sich vielmehr durch seine distanzierte und strenge Aura aus.