DW_360 Maria Francisca Pignatelli de Aragon y Gonzaga, verehelichte Duquesa de Medinaceli (1747-1769) (Mengs, Anton Raphael)

Die bisher unpublizierte zweite Version ist mit dem Bildnis der Sammlung Villahermosa (Roettgen 1999, Kat. 262) gegenständlich und koloristisch identisch. Auch die Maße weichen nur unwesentlich voneinander ab. Lediglich im Text auf dem Brief, den die Dargestellte in der Hand hält, gibt es kleine Unterschiede.
Villahermosa: Al E.mo S.or/ Conde de Fuentes/ mi padre y Señor,
Medinaceli: Al E.mo Señor/ Conde de Fuentes/ mi Padre e Sig.or
Der Brief ist an den Vater der Dargestellten gerichtet. Dies und die Existenz von zwei Exemplaren erklärt sich aus den Lebensumständen der Dargestellten, die in der 1895 publizierten Familiengeschichte der Duques de Villahermosa überliefert sind.
Der Vater der Dargestellten war Joaquín Anastasio Pignatelli de Aragon y Moncayo, XVI. Conde de Fuentes (1724-1776), der, in Caltanissetta/ Sizilien geboren, von 1754 bis 1772 drei wichtige spanische Botschafterposten bekleidete (Turin, London, Paris). Die Erziehung und Obhut seiner beiden Töchter hatte er während der Auslandsmissionen seinem Bruder anvertraut. Aus der 1763 zwischen Maria Francisca und Luis Antonio Fernandez de Cordoba y Figueroa, XI Duque de Medinaceli (1704-1768) geschlossenen Ehe gingen keine Erben hervor. Die jüngere Schwester Maria Manuela (1754-1816) heiratete am 1. Juni 1769 den XI. Duque de Villahermosa. Ihr Vater dagegen verband sich in zweiter Ehe am 15. Januar 1775 mit Mariana del Pilar Ana Silva-Bazán y Sarmiento (1739-1784), die Mengs aus diesem Anlass porträtiert hat [Roettgen 1999, Kat. 263, DW_361, DW_362].
Während das eine Porträt in den Besitz der Duques de Fuentes, also der väterlichen Familie der Dargestellten ging, wurde das zweite Porträt gemäß einer mündlichen Familienüberlieferung nach dem tragischen Tod der Dargestellten an einer Pockenerkrankung für die jüngere Schwester gemalt und gelangte über sie in den Besitz der Duques de Villahermosa. Sie erbte auch das beträchtliche Vermögen ihrer damals bereits verwitweten Schwester und konnte daher auf eine eigene Mitgift verzichten.
Vermutlich war die erste Version des Bildnisses vor der Hochzeit am 27. November 1763 entstanden, woraus sich der an den Vater gerichtete Brief erklärt. Die damals sechzehnjährige Maria Francisca posiert in einer prächtigen Robe, die ihrem Status als Braut entspricht, und trägt eine kostbare Brillant-Parure, die wohl ein Geschenk des Bräutigams war. Dass sie noch nicht verheiratet ist, demonstriert der fehlende Ehering. Jedoch trägt sie am kleinen Finger der linken Hand einen kostbaren Brillantring.
In der Gruppe der weiblichen „Galabildnisse“, die Mengs zwischen 1751 und 1770 gemalt hat, nimmt dieses Porträt mit seiner Brillanz und malerischen Perfektion eine herausragende Rolle ein. Zwei Jahre früher entstanden als das Bildnis der Maria Luisa von Parma [DW_180), ist es das erste Porträt dieser Kategorie, das Mengs nach seiner Ankunft in Madrid gemalt hat.