DW_307B Allegorie auf die Gründung des Museum Clementinum (Città del Vaticano, Rom, Biblioteca Vaticana)

Vittorio Casale hat für die Vorgeschichte und die Hintergründe der Ausmalung der Stanza dei Papiri neue Vorschläge vorgelegt, die auf den Untersuchungen von de Luca/ Santamarin/ Morresi basieren, bei denen mittels reflektographischer Aufnahmen die in Temperatechnik ausgeführte, d. h. nachträgliche Korrekturen an der Figur des Janus nachgewiesen wurden. Seine These ist, dass die Ausmalung der Decke dieses Raums bereits im Pontifikat Clemens‘ XIII. geplant war, das 1769 endete. Der Maler, der diesen Auftrag zunächst erhalten sollte, sei Stefano Pozzi gewesen, der 1768 starb. Diese Annahme stützt sich auf eine Zeichnung von Pozzi (Düsseldorf, museum kunst palast), deren Thema mit Saturn, dem Genius der Künste und einem Bücher heranschleppenden Putto zwar Parallelen zu Mengs‘ Deckenspiegel aufweist, sich aber auf die Malerei beziehen muss, deren Personifikation im Zentrum der Darstellung steht. Dessen ungeachtet ist die These des früheren Auftrags an Pozzi naheliegend, nachdem dieser die Deckengemälde des Museo Profano und des Museo Sacro geschaffen hatte (Roettgen 1980, S. 215-216). Außerdem hatten die Wände vor Beginn der Ausmalung durch Mengs eine dekorative Ausstattung mit Malereien und Vergoldungen erhalten, was darauf schließen lässt, dass sich der zunächst geplante Eingriff in eine bereits vorhandene Struktur einfügen sollte, zu der auch bereits die Wandschränke für die Papyri gehörten (Roettgen 1980, S. 196).
Die vor der Klärung der Komposition des Mittelbildes entstandene Madrider Zeichnung [DW_307/VZ_05] gehört dem ersten Entwurfsstadium an, als feststand, dass sich die Ausmalung durch Mengs auf das gesamte Gewölbe beziehen würde. Bestätigt wird diese erste Erweiterung des Bildprogramms durch die in der zweiten Jahreshälfte 1771 durchgeführten Maurerarbeiten, die der Stabilisierung des Gewölbes dienten (Roettgen 1980, S. 197, S. 239=Dokument 13).
Die beiden Zeichnungen in Philadelphia [DW_307/VZ_03, recto und verso] sind nach der Madrider Zeichnung entstanden, da sie das endgültige kompositorische Konzept fixieren, das nur noch durch die Hinzufügung der Museumsvedute (Roettgen 2003, S. 321-323) verändert wurde. Um die Vedute formal besser mit der schon bestehenden Komposition zu verbinden, wurde die Gestalt des Janus so weit nach rechts gedreht, dass sein in der Vorzeichnung noch sichtbarer Arm im Mantel verschwand und die Hand nun auf den Museumseingang weist. Aus diesem nachträglichen Eingriff, der durch die bereits erwähnten technischen Analysen bestätigt wurde, ergeben sich, wie Casale richtig gesehen hat, die formalen Unstimmigkeiten dieser Figur im Fresko. Casale schrieb die Erweiterung des inhaltlichen Konzepts dem Ehrgeiz des Papstes Clemens XIV. zu, der seinen Namen und sein Werk verewigt sehen wollte und nimmt daher an, dass die Museumsvedute erst hinzugefügt wurde, nachdem das Bild gemäß dem ursprünglichen Plan vollendet war (Casale S. 172). Der in dieser Angelegenheit gut informierte Carlo Giuseppe Ratti überliefert jedoch, dass der Papst dem Maler einen Besuch abstattete, während er an der Decke malte (Ratti 1779, S. IX, Roettgen 2003, S. 323). Möglicherweise war dies der Moment, in dem die Hinzufügung der Museumsvedute beschlossen wurde. Denn die Figur der Fama, die von Anfang an vorgesehen war, kann erst nach der Einfügung der Museumsvedute ausgeführt worden sein, da sie diese teilweise überdeckt.