DW_Z_163 Das Opfer der Achaier (Homer, Ilias, II, 402-418) (Mengs, Anton Raphael)

Zusammen mit DW_Z_162 dokumentiert das Blatt die Vorbereitung einer in der sorgfältig ausgearbeiteten Zeichnung der Albertina [Z 122] überlieferten Komposition, die ikonographisch zu den originellsten Schöpfungen von Mengs gehört. Obwohl quadriert, weicht DW_Z_163 ebenso wie DW_Z_162 nicht nur in den Maßen, sondern auch in der Gestaltung erheblich von der ausgeführten Version ab. So fehlt noch der Baum am linken Rand und die Gestaltung des Altars sowie die Form des Zeltes und der Zelte im Hintergrund entsprechen nicht der endgültigen Lösung, die auch auf den Adler neben dem thronenden Zeus verzichtet. Statt der achtzehn Männer, die in Z 122 zu sehen sind, agieren in den Vorstudien deutlich weniger Gestalten, von denen in DW_Z_162 fünf in Feder genauer ausgearbeitet sind. Die in Homers Schilderung der Opferszene namentlich genannten Achaier sind: Agamemnon, Menelaos, Nestor, der große und der kleine Aiax, Odysseus, Idomeneus und Diomedes. Eine namentliche Zuweisung ist in den beiden Blättern jedoch nicht möglich.
Auffällig ist die in beiden Blättern vorhandene zum Originalbestand gehörige Umrandung des Bildfeldes mit einer dünnen Linie. Unabhängig von der nicht beantwortbaren Frage, ob die Zeichnungen der Vorbereitung eines Gemäldes dienen sollten, belegen sie die intensive Auseinandersetzung mit einer Thematik, für die es keine ikonographischen Vorbilder gab. Möglicherweise ging die Anregung zur Darstellung der Szene von dem 1757 publizierten Werk „Tableaux tirés de l’Iliade, de l’Odyssée d’Homere et de l’Eneide de Virgile“ des Comte de Caylus aus, wo als IV. Tableau zum 2. Gesang der Ilias ein Opfer der Griechen beschrieben wird, das jedoch nicht mit Homers Schilderung dieser Szene übereinstimmt. Aufgrund der für das Wiener Blatt überlieferten Entstehung im Jahr 1759 scheint es denkbar, dass Mengs mit seiner der Erzählung Homer genau folgenden Darstellung die Ungenauigkeiten in Caylus‘ Schilderung korrigieren wollte. Seine Kenntnis Homers verdankte er wohl den Konversationen mit Winckelmann [Roettgen 2003, S. 481: biogr. Dok. 1. 9. 1756].