DW_Z_164 Studie für eine vielfigurige Komposition (Mengs, Anton Raphael)

Das Blatt lässt sich mit keinem ausgeführten Gemälde in Verbindung bringen. Gleichwohl lassen Technik, Duktus und Figurenstil keinen Zweifel daran, dass es sich um eine eigenhändige Zeichnung handelt. Einen ähnlichen Duktus in der flüchtigen Anlage der Figuren in Kreide zeigen weitere Blätter im gleichen Bestand [Z 18 recto, Z 19, Z 21]. Auch für die Herausarbeitung der beiden bewegten Gruppen des Vordergrundes in Sepia bietet der Bestand in Besançon direkte Vergleichsmöglichkeiten [DW_Z_ 162].
Die inhaltliche Deutung der Szene bereitet Schwierigkeiten, was damit zusammenhängt, dass es sich offenbar nur um einen Teil der geplanten Komposition handelt, die in ihrer Bewegtheit und Figurenfülle in Mengs’ Oeuvre singulär ist.
Möglicherweise steht der Entwurf mit einem Projekt in Zusammenhang, das den Maler in den Jahren 1777 bis 1779 beschäftigte. Katharina von Russland hatte ihm zwei historische Gemälde in Auftrag gegeben, für die er bereits eine Anzahlung von 2000 Scudi erhalten hatte [Roettgen 1999, Kat. P 14, p. 506]. Nach seinem Vorschlag sollten die Sujets aus dem Themenbereich der Ilias stammen. Die Gruppe der klagenden und flüchtenden Frauen in der linken Bildhälfte erinnert an Raffaels Borgobrand, der in heftiger Erregung flüchtende Jüngling in der Bildmitte, der aus Raffaels „Vertreibung des Heliodor“ übernommen wurde, lässt ebenfalls an eine Brandszene denken, ebenso wie die Krieger am rechten Bildrand, die mit Erstarrung und Entsetzen auf ein nicht sichtbares Ereignis reagieren. Im Hintergrund, der zum großen Teil nur in Kreide angelegt ist, ist ein Greis neben einem altarähnlichen Stein niedergesunken. Das Sujet könnte sich auf die Plünderung und den Brand Trojas beziehen, etwa die Szene der Tötung des Priamus, der sich um Hausaltar des Palastes geflüchtet hatte, wo ihn Neoptolemus erschlug.
Loisel (AK Toulouse 2006, S. 238) hat auf für die Soldaten auf die motivische Abhängigkeit von Domenichino hingewiesen (vgl. etwa Neapel, Cappella San Gennaro, Lünette mit der Verteidigung Neapels gegen die Sarazenen).