DW_381 Hl. Maria Magdalena als Büßerin

Die Herkunft der bisher nicht dokumentierten Zweitversion, die in allen Details identisch ist mit dem heute in Stratfield Saye House befindlichen Gemälde (Roettgen 1999, Kat. 95), erklärt sich aus der langwierigen Entstehungsgeschichte des Bildes, an dem Mengs zwischen 1767 und 1771 gearbeitet hat. Das als Pendant für ein gleichgroßes Kabinettbild mit dem jugendlichen Johannes dem Täufer bestimmte Bild, das im Schlafzimmer König Karls III. im Palacio Real seinen Platz finden sollte, wurde schließlich am 3. November 1771 von Rom aus an seinen Bestimmungsort geschickt (Jordan de Urries y de la Colina 1996, S. 92, Jordan de Urries y de la Colina 2016, p. 141). Zu dieser Zeit weilte Wilhelm von Edelsheim in Rom, wo er engen Austauch mit Mengs pflegte, der ihn auch porträtierte (Roettgen 1999, Kat. 261, DW_ 343). Außerdem erwarb er weitere Werke des Künstlers, die später in die Kunsthalle in Karlsruhe gelangten (106/VZ_01, 107/VZ_02, Z_57a-h). Das in der malerischen Qualität der Erstversion absolut gleichrangige Gemälde, das erst vor Kurzem identifiziert werden konnte, erwarb Edelsheim offensichtlich im gleichen Kontext. Es verblieb im Besitz seiner Familie, die im 19. und 20. Jahrhundert in Konstanz ansässig war.
Obwohl zu seinen Entstehungsumständen keine Quellen vorliegen, ist die Annahme naheliegend, dass das Bild seine Existenz dem langen und gut dokumentierten Arbeitsprozeß an diesem wichtigen Werk verdankt, mit dem sich Mengs dem Paragone mit dem von ihm als Vorbild verehrten Correggio stellte. So ist bekannt, dass das Bild 1767 weitgehend vollendet war, wenngleich der Maler, von Giacomo Casanova dazu befragt, erklärte, es sei erst dann fertig, wenn er aufhöre, daran zu arbeiten, aber selbst dann sei es noch nicht so vollendet, wie es sein könnte, wenn er noch einen Tag länger daran arbeiten würde (Casanova IX, S. 75). Wie aus den biographischen Quellen hervorgeht, vollendete er es tatsächlich erst in Rom.
Auffällig ist der Umstand, dass das Breitenmaß der neuen Version exakt mit dem noch in Madrid entstandenem Gegenstück (Johannes d. T.) übereinstimmt, während die Magdalena, die 1771 nach Spanien gelangte (heute Stratfield Saye House), um 7 mm breiter ist. In der Höhe beträgt die Differenz nur 4 mm (Johannes) resp. 2 mm (Maria Magdalena). Denkbar ist daher, dass es sich bei der Edelsheim-Version um das aus Madrid mitgebrachte Bild handelt, das der Maler auf einer mit dem Johannes-Gemälde etwa maßgleichen Holztafel begonnen hatte. Vielleicht hatte dieses Bild Transportschäden erlitten - Mengs war nach seiner Abreise von Madrid über ein Jahr lang und mit mehreren Zwischenstationen unterwegs, bevor er in Rom eintraf - so dass er es vorzog, das Bild für den königlichen Auftraggeber gänzlich neu zu malen. Zur Klärung des Sachverhalts wäre eine technische Anylse der drei Bildträger erforderlich.