AD 1495
Die Federzeichnung zeigt zwei nackte Figurenpaare in zueinander konträren Haltungen. Während links eine männliche Rückenfigur eine erschrocken die Arme über den Kopf werfende, frontal zu den Betrachter:innen gewandte Frau über ihre Schultern hebt, greift rechts ein frontal im Ausfallschritt stehender Mann an den rechten Arm und zwischen die Beine einer nahezu wehrlosen Frau, um sie bäuchlings auf seine Schultern zu legen.
Bereits früh sahen Forschende ein italienisches Vorbild in Dürers Aktpaaren. So verwiesen beispielsweise Friedrich Lippmann, Eduard Flechsig oder Erwin Panofsky auf Antonio Del Pollaiuolo als Inventor. Das Motiv interpretierte man als isolierte Figuren aus einem "Raub der Sabinerinnen" (vgl. Panofsky 1948 II, S. 95, Nr. 931).
Dürer soll für verschiedene seiner Werke auf einzelne Aspekte der Federzeichnung zurückgegriffen haben. Hierzu gehören die vor 1500 entstandenen Kupferstiche "Hercules am Scheidewege (Die Eifersucht; Der große Satyr)" und "Die sechs Kriegsleute" oder das auf 1500 datierte Gemälde "Herkules und die Stymphalischen Vögel". Auch zu dem damals Hans von Kulmbach zugeschriebenen Holschnitt "Apoll und Daphne", der Konrad Celtis 1502 herausgegebene Buchausgabe "Qvatvor Libri Amorvm" illustriert, wurde eine Verbindung hergestellt (vgl. hierzu Strauss 1974 I, S. 264, 1495/2).
S. 4, Nr. 347