Firmeneinstieg 1922, Teilhaber ab 1923, alleiniger Inhaber ab 1930 bis 1935
Otto H. Nathan, der zuvor bei dem Kunsthändler Hugo Helbing gearbeitet hatte, machte sich 1913 mit seiner eigenen Kunsthandlung Otto H. Nathan in München selbstständig (Bambi 2015, Nathan 1972). Die Firma ist bis 1916 nicht in den Münchner Adressbüchern aufgeführt. Erst im Adressbuch von 1917 taucht unter Nathan, Otto der Zusatz „Kunsthändler“ auf; dazu seine private und möglicherweise zunächst geschäftlich genutzte Adresse: Triftstraße 93. 1921 erweiterte sich die Adresse auf Triftstraße 93. und 0. Erst 1923 tauchte das erste Mal eine offizielle Firmen-Adresse unter dem Namen Ludwigs-Galerie Otto H. Nathan im Münchner Adressbuch auf: Ludwigstraße 60. 1922 stieg auch Dr. med. Fritz Nathan bei seinem Halbbruder Otto H. Nathan in das Geschäft ein. Otto hatte Fritz in Zeiten der „galoppierende[n] Inflation“ dazu veranlasst, die Medizin aufzugeben und in den Kunsthandel einzusteigen (Nathan 1972, S. 7).
Der approbierte Arzt hatte durch seine Vorfahren mütterlicherseits – der Kunsthändler Hugo Helbing war sein Onkel und Sigmund Helbing sein Großvater – bereits in jungen Jahren Interesse an der Kunstwelt entwickelt. Sein persönliches Augenmerk galt der Malerei der deutschen Romantik (Nathan 1972, S. 7). Der Fokus der Galerie lag in den 1920er Jahren auf deutscher Malerei des 19. Jahrhunderts; nur ab und zu fand ein französisches Bild oder Gemälde früherer Jahrhunderte ihren Weg in die Kunstgalerie (Nathan 1972, S. 7). Im Münchner Adressbuch 1924 ist Fritz Nathan offiziell als zweiter Inhaber der Ludwigs Galerie eingetragen. Nach derzeitiger Quellenlage wurde er das spätestens im Oktober des Jahres 1923, frühstens im November 1922.
Die folgenden Jahre behielt die Ludwigs Galerie ihren Namen und ihre Adresse bei und baute sich ihren Ruf auf dem vor allem heimischen Kunstmarkt auf. Im Halbjahresrhythmus wechselten sich gemischte und monographische Ausstellungen ab. 1927 fand eine Ausstellung zu Arbeiten von Carl Philip Fohr statt. 1928 folgte eine Ausstellung von Emil Lugos Werken, einem Schirmer-Schüler. 1929 gab es eine Ausstellung der Werke Hans Thomas (Bambi 2015).
1930 starb Otto Herm. Nathan. Fritz wurde alleiniger Inhaber, zog mit der Galerie im selben Jahr in die Brienner Str. 460 um und firmierte nun als Ludwigs Galerie, Otto H. Nathan (Inhaber Dr. Fritz Nathan). Im März 1932 organisierte er die Ausstellung „Deutsche Kunst im Zeitalter Goethes“ zusammen mit der Firma Cassirer von Paul Cassirer in Berlin in der Viktoriastraße (Donath 1931/32; Die Weltkunst 1932). 1933 wurde das Haus in der Brienner Straße für die Deutsche Arbeitsfront beschlagnahmt (Proveana, Ludwigs Galerie). 1935 ist im Münchner Adressbuch die Ottostraße 50 als neuer Firmensitz der Ludwigs Galerie verzeichnet. Vom 21. März bis 15. April 1934 veranstaltete Nathan eine Ausstellung für Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen Adrian Ludwig Richters in der Ottostraße 5 (Bambi 2015, Die Weltkunst 1934). Der Umzug erfolgte also zwischen November 1933 und März 1934.
Nach Erhalt des Rundschreibens zum Berufsverbot und Ausschluss jüdischer Händler überschrieb Fritz Nathan 1935 die Ludwigs Galerie seiner langjährigen Mitarbeiterin Käthe Thäter, zu welcher wohl ein gutes Vertrauensverhältnis bestand (Dr. Nathan, J.) und emigriert im Februar 1936 nach St.Gallen. Sein Firmenarchiv ließ er dabei in München zurück, welches später zusammen mit dem Gebäude in der Ottostraße von Bomben zerstört wurde. Das Archiv beinhaltete unter anderem ein über viele Jahre gepflegter Zettelkatalog, worin für viele Werke die Marktpreise verzeichnet waren, außerdem Korrespondenzen, Rechnungsbücher, Adresslisten (usw.) sowie große Teile seiner Bibliothek (Proveana, Bambi 2015). So setzt der geringe Kernbestand an Geschäftsunterlagen, die noch vorhanden sind, erst mit dem Beginn der Tätigkeit in der Schweiz im März 1936 ein (Bambi 2015).