Bezzenberger, Adalbert (1851-1922)

Der Linguist und Lehrstuhlinhaber an der Königsberger Universität Adalbert Bezzenberger hat als langjähriger Vorsitzender der Altertumsgesellschaft PRUSSIA entscheidenden Einfluss auf die Forschungsinhalte und Netzwerke dieser Gesellschaft genommen und maßgeblich zu ihrem großen Renommee beigetragen. So ist es ihm mit zu verdanken, dass der PRUSSIA nach dem Besuch des späteren Kaiser Friedrich III. die Sammlung des Königlichen Staatsarchivs in Königsberg übereignet und Räume im Königsberger Schloss zur Verfügung gestellt wurden - wodurch letztlich eine spezifische inhaltliche und methodische Mischung von archäologischer und historischer Landesforschung der PRUSSIA als machtpolitisch relevant geadelt wurde. Bezzenbergers Wirken wird nicht nur die Steigerung der Feldforschungen zugewiesen - er selbst unternahm 71 Ausgrabungen in Ostpreußen, sondern auch die intensive Vernetzung der PRUSSIA mit in- und ausländischen Wissenschaftlern und Politikern.
Letztlich aber fehlt bis heute eine Aufarbeitung seines konkreten methodischen und politischen Einflusses auf die archäologische Forschung in Ostpreußen. In seine Amtszeit fallen als wichtigste außenpolitischen Impulse der russische Expansionswille und die Autonomiebestrebungen der Balten in der Region. Mit der Idee von Nationalstaatlichkeit erwuchs der bis dahin vorrangig bürgerlichen und damit zivilen archäologischen Forschung als Teil der regionalen Landesforschung in Ostpreußen und dem Baltikum eine nunmehr nationalpolitische Bedeutung, die wahrscheinlich von Fachvertretern wie Bezzenberger kontinuierlich behauptet und von (Kultur-)Politikern kontinuierlich genutzt wurde, um Bevölkerung zu mobilisieren und territoriale Ansprüche zu legitimieren. Bezzenberger hatte an der Königsberger Albertina die Baltische Linguistik begründet und vor allem als Rektor versucht, die Universität als ein Bollwerk gegen den baltischen Separatismus weiterzuentwickeln. Andererseits versuchte er mit der Gründung der Litauischen Literarischen Gesellschaft dem Verschwinden von Sprache und Traditionen Einhalt zu gebieten. Ob und mit welchen politischen Intentionen er sich auch in seinen archäologischen Studien um eine Charakterisierung z.B. des litauischen Siedlungsgebietes bemühte, ist bislang nicht untersucht worden, wäre aber auch für gegenwärtige Forschungen von großem Interesse.