Meine frühere Einschätzung als Vorzeichnung für das nicht erhaltene Gemälde ist zu revidieren. Die Größe des Blattes und seine sehr sorgfältige Ausführung lassen vielmehr an eine eigenständige Zeichnung denken, die zeitlich und motivisch im Zusammenhang mit einem verlorenen Selbstbildnis zu sehen ist, das 1750 in Dresden entstanden ist und das in zwei Nachstichen dokumentiert ist, die sich gegenüber der Zeichnung seitenverkehrt verhalten.
Die 1832 angekaufte Zeichnung gilt seit dem Inventareintrag aus dem gleichen Jahr als Gemeinschaftsarbeit von Mengs und Giovanni Battista Casanova. Anscheinend geht diese Angabe auf den „Bildhauer Uhlemann“ zurück, von dem die Zeichnung erworben worden war. Christian Friedrich Traugott Uhlemann (1765-1857), der vor allem als Kupferstecher tätig war, hatte bereits im Alter von zwölf Jahren die Akademie in Dresden besucht, dürfte daher in den 1770er Jahren bei Casanova studiert haben. Die Glaubwürdigkeit dieser Überlieferung ist gleichwohl zweifelhaft. Da die Zeichnung vor Mengs‘ dritter Italienreise entstanden sein muss, wofür das Alter und alle bisher bekannten Umstände sprechen, scheidet Casanova, der sich von 1746 bis 1752 in Venedig aufhielt und erst danach in engen Kontakt mit Mengs trat, als Mitautor aus. Dazu kommt, dass der einheitliche Duktus und die gleichmäßige technische Struktur der Zeichnung gegen eine Gemeinschaftsarbeit sprechen. Bliebe also die Möglichkeit, dass Casanova der alleinige Urheber der Zeichnung wäre. Konkrete Belege dafür lassen sich aus seinem sehr geringen erhaltenen Oeuvre nicht gewinnen. Zu Mengs’ vielseitigem zeichnerischen Spektrum gehörte dagegen nachweislich auch die Beherrschung von dichten und gleichmäßigen Schraffuren, wie seine großformatigen und bildmäßigen Zeichnungen belegen (Roettgen 199, Kat. 40, 59).