DW_334 Papst Clemens XIII. Rezzonico (1693-1769) (Mengs, Anton Raphael)

Von den bisher bekannten Versionen des Bildnisses, das Mengs von Clemens XIII. gemalt hat, besitzt dieses erst seit 1999 bekannte Exemplar die größte Opulenz. Seine Provenienz belegt, dass es sich um das Exemplar handelt, das in dem von Pavanello veröffentlichten Rezzonico-Inventar vom 1.1.1767 an erster Stelle der Gemälde aufgeführt ist, die infolge der Ernennung Abbondio Rezzonicos zum Senator von Rom (8. Juli 1765, Possesso am 9. Juni 1766) von Venedig nach Rom gesandt wurden: „Il Ritratto di Nostro Signore felicemente Regnante Papa Clemente XIII - di Monsù Mens – con cornice di basso rilievo d’argento.”
Die von Prange überlieferten Anekdoten, die sich mit der Entstehung des Porträts des Papstes verbinden, münden in der Aussage, dass der Papst mit dem Ergebnis nicht zufrieden war: „als er das verfertigte Porträt seiner Heiligkeit vorstellte, Höchstdieselben sich sollen geäußert haben, dass sie die Mahlerey zwar vielfach hätten rühmen gehört, Höchstdieselben fänden es aber nicht sonderlich schön.“ Dieses Missfallen des Dargestellten, das sich wohl vor allem aus der für das füllige Gesicht und die massige Figur ungünstigen Frontalansicht erklärt, soll den Maler lt. Prange dazu veranlasst haben, ein Honorar zu verlangen. Dies widersprach den Regeln, die für das Papstporträt galten, wonach der durch einen solchen Auftrag geehrte Maler kein Honorar verlangte.
Möglicherweise verzichtete Mengs aufgrund dieser enttäuschenden Resonanz darauf, dem Bildnis die letzte technische Vollendung zu geben, die in der Herstellung einer perfekt geschlossenen Oberfläche bestand. Die drei braunen Pinselhiebe, mit denen das mächtige und fleischige Doppelkinn bravourös und markant modelliert ist, wurden nicht durch weitere Lasuren überdeckt. Gleiches gilt für den aus unverbundenen Farbtupfern komponierten Glanz des Brillanten im Ring. Merkwürdig ist auch, dass das Familienwappen in den bekrönenden Thronknäufen so gut wie nicht erkennbar ist, was nicht für die Putten über dem Wappen gilt.
Der Rahmen des Bildes war eine Arbeit des berühmten Paduaner Goldschmieds Angelo Scarabello (1712-1795), wie aus den Notizen von Pietro Gradenigo hervorgeht. Gradenigo macht zwei Bemerkungen über das Porträt, die es erlauben, seine frühere Geschichte zu rekonstruieren. Am 9. Juni 1759 notiert er, dass der Papst auf Ersuchen seines Bruders endlich ein „ritratto originale“ nach Venedig geschickt habe (Dok. 1). Am 2. Mai 1760 gibt er eine genauere Erklärung zu dem Bild, aus der hervorgeht, dass es in der Zwischenzeit den erwähnten kostbaren und repräsentativen Rahmen erhalten hatte (Dok. 2). In der Ca‘ Rezzonico wurde es in der Sala di Udienza präsentiert, vermutlich gemäß dem in Rom üblichen Arrangement für Papstbildnisse in den Nepoten-Residenzen, d. h. unter einem Baldachin und mit einem Thron. Wie Pavanello hervorhebt, war das Bildnis damit der einzige Konkurrent von Tiepolos Deckengemälde in dem heute als Sala del Trono bezeichneten Raum, das die Nobilitas und Virtus darstellen, die Meritus in Gestalt eines bärtigen Greises zum Tempel des Ruhms führen, ein Sujet, das auch auf die Karriere des Papstes bezogen werden konnte.
Dieser noch 1780 von Bianconi erwähnte Rahmen, der ein Gewicht von 1118 Unzen hatte, wie aus dem Verzeichnis der Juwelen hervorgeht, die D. Abbondio Rezzonico nach Rom überführen ließ (Pavanello 1998, S. 99), hat sich nicht erhalten. Er wurde durch den jetzigen Rahmen römischer Produktion ersetzt, der mit einer aufwendigen Namenskartusche versehen ist, die den Namen des Dargestellten angibt (Clemens XIII P. O. M.) und die mit dem Triregnum bekrönt ist. Vielleicht in Erinnerung an den ursprünglichen Rahmen war der heutige Rahmen ehemals versilbert, wovon sich einige Spuren erhalten haben.
Etwa ab 1767 (s. Dok. 3) befand sich das Bildnis im Appartement des D. Abbondio Rezzonico, der als Senatore di Roma im Senatorenpalast auf dem Kapitol residierte. Das spätere Schicksal des Bildnisses lässt sich nur lückenhaft verfolgen. 1825 wurde es seitens Carlo Pindemonte in die Verhandlungen über den Verkauf der Villa Rezzonico in Bassano eingeschlossen (Dok. 5). Danach verlieren sich seine Spuren. Zu einem nicht präzisierbaren Zeitpunkt befand es sich laut rückseitiger Aufschrift in Mailand.
Die in der Papstikonographie des 18. Jahrhunderts unübliche frontale Pose, die an die Ehrenstatuen des 17. Jahrhunderts denken lässt, war vielleicht einer der Gründe, weswegen der Papst mit diesem Bildnis nicht zufrieden war. Sein mildes und gütiges, aber unentschlossenes Naturell, das auch seine Gesichtszüge prägt, kontrastiert sichtbar mit dem prunkvollen Aufzug und Ambiente. Dazu kommt, dass die zum Segen erhobene Hand sich kaum gegen diese stoffliche und farbliche Opulenz behaupten kann.
Aus dem Bericht Johann Wolfgang von Goethes, der dem Senator D. Abbondio Rezzonico im Februar 1788 einen Besuch abstattete, geht hervor, dass dieses mittlerweile wieder in Rom befindliche Porträt einen Hintergrund aus Goldbrokat besaß: „Sodann hatten wir in diesen Stunden als Glück zu schätzen, das herrlichste Bild, welches Mengs vielleicht je gemalt hat, das Porträt Clemens XIII. Rezzonico, der unsern Gönner, den Senator, als Nepoten auf diesen Posten gesetzt, mit Ruhe zu beschauen, von dessen Wert ich zum Schluß eine Stelle aus dem Tagebuch unseres Freundes (gemeint ist Heinrich Meyer) anführe: „Unter den von Mengs gemalten Bildnissen, da, wo seine Kunst sich am tüchtigsten bewährte, ist das Bildnis des Papstes Rezzonico. Der Künstler hat in diesem Werk die Venezianer im Kolorit und in der Behandlung nachgeahmt und sich eines glücklichen Erfolgs zu erfreuen; der Ton des Kolorits ist warm und der Ausdruck des Gesichts belebt und geistreich; der Vorhang von Goldstoff, auf dem sich der Kopf und das Übrige der Figur schön abheben, gilt für ein gewagtes Kunststück in der Malerei, gelang aber vortrefflich, indem das Bild dadurch ein reiches harmonisches, unser Auge angenehm rührendes Ansehn erhält.“ Auch Canovas Bericht aus dem Jahr 1780 hebt die stoffliche Opulenz des Porträts hervor: “tanto nella carnagione quanto nelli panni che si distingue il veluto, il raso e l’altra setta, così la biancheria e merli bene eseguiti”. Weniger positiv fiel das Urteil der Lady Holland aus, die 1793 beim Senator Rezzonico dinierte. Obwohl sie einerseits das Porträt lobt (“it will bear comparison with many of the old pictures”) wirkt der “gild-flowered curtain” des Hintergrundes auf sie zwar überraschend, aber nicht angenehm. Der Maler zeige hier lediglich seine Bravur „in making a bad thing not spoil a good one“.
Dieser Goldbrokatvorhang, der das auffälligste Element des Bildnisses ist, ist in der Tat bravourös gemalt. Nicht nur die Faltknicke sind wiedergegeben, sondern auch die Reliefwirkung des Dekors. Sie wurde erreicht, indem jedes Muster mit einem dünnen schwarzen Kontur umfahren wurde, bevor die Felder mit einer je nach Lichteinfall zwischen Silber und Grau changierenden Farbe ausgefüllt wurden. Das Motiv des Vorhanges, der den gesamten Hintergrund einnimmt, ist für ein Papstbildnis äußerst ungewöhnlich. Er unterstreicht den prunkvollen Auftritt, der dem Ort seiner ersten Aufstellung in der Ca‘ Rezzonico angemessen war.